Der Grabstein der Familie Gutmann aus Philippsburg auf dem jüdischen Friedhof Huttenheim Jüdische Friedhöfe Christliche Bildhauer Teil 3 Der Grabstein der Familie Gutmann aus Philippsburg auf dem jüdischen Friedhof in Huttenheim

Auf dem jüdischen Friedhof in Huttenheim (Philippsburg) steht ein Grabstein, auf dem als Steinmetz G. Metzger Br (zu sehen rechts unten) angegeben ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um den Bildhauerbetrieb Gotthilf Metzger in Bruchsal.

Auf diesem Grabstein der Familie Gutmann sind mehrere Personen benannt. Samuel und Jettchen Gutmann, sowie Marta Gutmann und Walter Berberich.

Ins Auge fällt, dass nur die Seite der Frau eine hebräische Inschrift trägt. Jettchen Gutmann, geboren Heinemann ist 1932 verstorben. Wurde der Stein da angefertigt und nebenan Platz für den Ehemann gelassen?

Auffällig ist auch, dass die beiden unteren Namen sehr eng unterhalb der Lebensdaten der oben stehenden Namen angeordnet sind. Dies könnte darauf hindeuten, dass ursprünglich nicht vorgesehen war außer den Namen der beiden Ehepartnern weitere Namen auf dem Grabstein zu verewigen.

1932 - bzw. wenn man davon ausgeht, dass der Grabstein etwa ein Jahr nach dem Tod gesetzt worden war, 1933 - war Gotthilf Metzger bereits verstorben. Er starb 1922. Der Bildhauerbetrieb existierte jedoch weiter und wurde später von seinem (Adoptiv-)Sohn Willy weitergeführt.

Zurück zu den Namen auf dem Grabstein. Die beiden Todesdaten von Walter Berberich und Marta Gutmann - 1942 - deuten darauf hin , dass sie Opfer der Verfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus wurden. Gelingt es Nähres über die Familie zu erfahren? Was geschah mit Marta und Walter? Und welches Schicksal hatte Samuel Gutmann, der 1961 verstarb?

Meldekarte des Samuel Gutman, Kaufmann aus Philippsburg. Auf der Karte sind auch andere Familienangehörige aufgeführt: seine verstorbene Ehefrau Jettchen und deren Töchter Marta und Erna, sowie ein Karl Walter, kath., geboren in Kehl und ein Julius Walter Berberich, jüdisch, geboren am 4. 10. 1909 in Großkrotzenburg. Die Daten stimmen mit denen auf dem Grabstein überein.

Ein nachträglicher Eintrag auf dieser Meldekarte gibt einen Hinweis auf das Schicksal von Marta Gutmann; sie ist am 13.12.40 im Lager Gurs/Pyrenäen verstorben. Am 22. Oktober 1940 wurde fast die gesamt jüdische Bevölkerung Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Lager Gurs (Südfrankreich) deportiert. Die genannten Länder sollten als erste im Reich "judenfrei" werden.

Rückseite der Meldekarte; sie gibt Auskunft über An- bzw. Abmeldungen. Über Julius Walter Berberich erfahren wir, dass er am 4. Oktober 1939 aus Frankfurt zugezogen ist. In der Spalte Abmeldung steht bei ihm nur die Jahreszahl "1940" und in der Spalte Künftiger Wohnort steht "Auswanderung". Abweichend von den anderen Einträgen wird bei Julius Walter Berberich ein Schrägstrich gezogen, kein genaues Datum genannt; auch scheint ein anderer Stift verwendet worden zu sein. Deutet dies möglicherweise darauf hin, dass der Eintrag "1940 Auswanderung" nachträglich von zweiter Hand erfolgte? Martha und Erna haben zwischen 1931 und 1939 mehrfach den Wohnort gewechselt. Schließlich ist an diese Adresse am 26.3 1941 aus Karlsruhe eine Maria Mergel zugezogen.

Im Zuge der sogenannten "Arisierung" jüdischen Vermögens musste Samuel Gutmann sein Haus in Philippsburg verkaufen. Der Verkauf ist im Landesarchiv Baden-Württemberg - Generallandesarchiv Karlsruhe dokumentiert.

Im Landesarchiv existieren auch Akten des Landesamtes für Wiedergutmachung, die Samuel Gutmann betreffen; geführt werden sie unter dem Namen seiner Tochter Erna Berberich.

Die Familie Gutmann (Samuel Gutmann, seine Tochter Marta, seine Tochter Erna Berberich und deren Ehemann Walter Julius Berberich, wurden - wie die meisten badischen Juden - 1940 in das Lager Gurs/Südfrankreich deportiert.

Auszug aus der Liste, der von Philippsburg, nach Gurs deportierten jüdischen Bürger. Genannt werden unter anderem: Erna geborene Gutmann, jetzt verheiratete Berberich; ihr Ehemann Walter Julius Berberich, Marta Gutmann und der verwitwete Samuel Gutmann.

Walter Julius Berberich stammte aus dem hessischen Großkrotzenburg. Dort erinnert ein Stolperstein an ihn und sein Schicksal.

Während Walter Julius Berberich und seine Schwägerin Marta umgekommen sind, haben Samuel Gutmann und seine Tochter Erna (die Ehefrau von Walter Julius Berberich) überlebt; sie wanderten von Frankreich 1946 in die USA aus.

In der deutschsprachigen jüdischen Zeitung "Aufbau vom 13. September 1946" wird erwähnt dass Samuel Gutmann und Erna Berberich, geborene Gutmann in New York zugezogen sind. Sie kamen aus Frankreich. Interessant ist, dass der frühere deutsche Wohnort genannt wird: Philippsburg in Baden. Auch die New Yorker Adresse wird erwähnt: c/o Goodman, 5565 West 162 Street, New York City.

1961 ist Samuel Gutmann in New York im Alter von 81 Jahren verstorben.

Todesanzeige für Samuel Gutmann in der in New York erscheinenden deutschsprachigen jüdischen Wochenzeitung "Aufbau" am 22. Dezember 1961

"Sichrono livchrocho": "Sein Andenken soll gesegnet sein"

Tochter Erna verstarb 1975.

In New York erschien die deutsprachige Zeitung "Aufbau" . In der Ausgabe 118 von 1975 erschien die Todesanzeige für Erna C. Berberich, geb. Gutmann. Erna war die Ehefrau von Walter Julius Berberich.
In den Anzeigen im "Aufbruch" kann man die Namensänderungen verfolgen: hier wurde aus dem deutschen Namen "Gutmann" in den USA "Goodman" und aus "Berberich" "Berber". Aber die Anzeige erschien 1975 - fünfunddreißig Jahre nachdem Erna ihre Heimat Philippsburg verlassen musste - in deutscher Sprache und mit dem Hinweis auf den früheren Wohnort Philippsburg/Baden.
ERSTELLT VON
Martin Walter