Green Design & Markenethik Nachhaltigkeit als neue Norm im Branding & Grafikdesign

Im digitalen Zeitalter, in dem Umweltschutz und Nachhaltigkeit zunehmend in den Fokus der Gesellschaft rücken, stehen auch Marken und Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Werte und Visionen zu überdenken. Verbraucher:innen achten immer mehr darauf, wie und mit welchen Materialien Produkte hergestellt werden, und erwarten von den Marken, dass diese ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf alle Bereiche des Marketings – insbesondere im Branding und Grafikdesign. Green Design, also nachhaltiges Design, wird zur neuen Norm. Es ist nicht mehr nur ein Trend, sondern eine ethische Entscheidung, die sowohl die Identität einer Marke als auch die Loyalität ihrer Kund:innen prägt.

In diesem Beitrag betrachten wir, wie nachhaltiges Grafikdesign zur Markenbindung beiträgt, wie es sich auf die Wahrnehmung einer Marke auswirkt und welche konkreten Designansätze und Fallstudien bereits zeigen, wie Green Design in der Praxis umgesetzt wird.

Was ist nachhaltiges Grafikdesign?

Nachhaltiges Grafikdesign geht über die bloße Verwendung von umweltfreundlichen Materialien hinaus. Es umfasst einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen eines Designs berücksichtigt werden. Dabei geht es um die Auswahl umweltfreundlicher Materialien, effiziente Ressourcennutzung und die Vermeidung von unnötigem Abfall. Auch die digitale Gestaltung muss nachhaltigen Prinzipien folgen, etwa durch die Reduzierung der CO2-Emissionen von Servern oder die Optimierung von Webseiten in Bezug auf Energieverbrauch.

Laut Claudia Machnik (2024) ist nachhaltiges Design eine Verpflichtung, die Designende und Marken dazu zwingt, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur für das Produkt, sondern für den gesamten Lebenszyklus eines Designs und dessen Auswirkungen auf die Umwelt. Es ist nicht nur eine ästhetische Entscheidung, sondern eine Frage der ethischen Verantwortung im Grafikdesign. Dies ist besonders wichtig, da Grafikdesigner:innen durch ihre Arbeit die visuelle Wahrnehmung einer Marke stark beeinflussen können, insbesondere durch die Wahl von Materialien und Produktionsmethoden. Sustainable Graphic Design zielt darauf ab, ein Design zu schaffen, das sowohl ästhetisch als auch funktional ist und gleichzeitig die Umwelt schont. Es umfasst unter anderem:

  • Materialwahl: Die Entscheidung für recycelte oder nachwachsende Rohstoffe.
  • Prozessoptimierung: Die Verwendung effizienter Techniken, die Ressourcen schonen.
  • Digitale Nachhaltigkeit: Die Reduzierung des Energieverbrauchs bei der Nutzung von Webdesign und digitalen Medien.
  • Langfristigkeit/-lebigkeit: Designs, die eine lange Lebensdauer haben und nicht schnell durch temporäre Modetrends ersetzt werden.

Das Ziel des nachhaltigen Grafikdesigns ist nicht nur, Ressourcen zu schonen, sondern auch ein starkes ethisches Statement abzugeben, das fest in der Markenidentität verankert ist.

Eine Herangehensweise, die auch mich in Entscheidungen in Designprozessen inspiriert hat, bietet Tanja Hildebrand, welche für ein nachhaltiges Pasta-Brand diverse Ansätze im Prozess von Markenkonzeption bis hin zum Verpackungsdesign zusammengebracht hat:

Die Bedeutung von Markenethik und Nachhaltigkeit

Das ethische Verhalten einer Marke, das auch als Markenethik bezeichnet wird, ist längst zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg einer Marke geworden. Kund:innen legen zunehmend Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit. Sie möchten wissen, dass ihre Kaufentscheidungen positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. Dies führt dazu, dass Unternehmen und Marken gezwungen sind, ihre Geschäftspraktiken, ihre Lieferketten und ihr Design unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu überdenken.

Laut einer Studie von Nielsen gaben 66 % der Verbraucher:innen an, dass sie bereit sind, mehr für nachhaltige Produkte zu bezahlen. Diese Verschiebung der Verbraucherpräferenzen stellt eine enorme Chance für Marken dar, sich durch nachhaltiges Design und ethisches Handeln zu differenzieren und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen (Nielsen, 2015).

Die enge Verbindung zwischen Markenethik und nachhaltigem Design zeigt sich in den Erwartungen der Konsument:innen, die Produkte und Marken bevorzugen, die aktiv zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks beitragen. Dies stellt eine Möglichkeit dar, nicht nur den Umsatz zu steigern, sondern auch langfristige Markentreue zu schaffen.

Wie sich das nun auch in den ESG-Kriterien widerspiegelt, hat die Tagesschau 2022 einmal zusammengefasst und mit der Chefin des Deutschen Aktieninstituts, Christine Bortenlänger erörtert:

Wie umweltbewusstes Design zur Markenbindung beiträgt

1. Verstärkung der Markenidentität durch Nachhaltigkeit

Ein gut umgesetztes, nachhaltiges Design spricht nicht nur die ökologischen Werte einer Marke an, sondern stärkt auch deren gesamte Markenidentität. Die Wahl umweltfreundlicher Materialien, die klare Kommunikation von Nachhaltigkeitsinitiativen und das Design von Produkten und Verpackungen, die ressourcenschonend sind, können das Image einer Marke enorm verbessern.

Marken wie Patagonia und Ben & Jerry's haben es erfolgreich geschafft, durch nachhaltiges Design eine starke, ethische Markenidentität zu etablieren. Diese Marken sprechen gezielt eine Zielgruppe an, die Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung schätzt.

Beispiel: Patagonia

Patagonia hat sich als Vorreiter:in in Sachen nachhaltiger Markenführung etabliert. Ihre "Worn Wear"-Kampagne, bei der Kund:innen gebrauchte Patagonia-Kleidung zurückgeben oder reparieren lassen können, ist ein Paradebeispiel für nachhaltiges Design im Branding. Diese Initiative hat nicht nur die Lebensdauer der Produkte verlängert, sondern auch das Engagement der Marke für den Umweltschutz verstärkt.

2. Transparenz und Authentizität stärken das Vertrauen

Verbraucher:innen verlangen heute mehr denn je Transparenz. Sie möchten wissen, woher die Materialien kommen, wie sie produziert werden und welchen Einfluss die Produkte auf die Umwelt haben. Marken, die offen über ihre Nachhaltigkeitspraktiken kommunizieren, schaffen Vertrauen und stellen sicher, dass ihre Kund:innen sehen, dass die Werte der Marke mit ihren eigenen übereinstimmen.

Beispiel: IKEA

IKEA hat in den letzten Jahren viele Schritte unternommen, um nachhaltiger zu werden, etwa durch die Verwendung von recyceltem Material in vielen Produkten und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen in ihren Produktionsstätten. Diese Initiativen werden durch transparente Kommunikation und klare visuelle Gestaltung in den Produktverpackungen und in der Werbung unterstützt.

3. Innovatives Design für eine zirkuläre Wirtschaft

Ein weiterer Trend im nachhaltigen Grafikdesign ist der Fokus auf die Schaffung von Produkten und Designs, die in einer zirkulären Wirtschaft verwendet werden können. Das bedeutet, dass Produkte so gestaltet werden, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer wiederverwendet, recycelt oder in ihre Ausgangsmaterialien zerlegt werden können. Dies erfordert innovative Designansätze, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigen.

Beispiel: The Ocean Cleanup

Die Organisation The Ocean Cleanup hat eine Reihe von nachhaltigen Designlösungen entwickelt, um Plastikmüll aus den Ozeanen zu entfernen. Ihre grafischen Materialien und Kampagnen nutzen visuell ansprechende und informative Designs, um das Bewusstsein zu schärfen und Spenden zu generieren. Ihr Design spiegelt nicht nur die Mission wider, sondern zeigt auch, wie Grafikdesign und Branding aktiv zur Lösung globaler Umweltprobleme beitragen können.

4. Energieeffiziente digitale Designs

Ein oft übersehener Aspekt des nachhaltigen Designs ist die digitale Ebene. Webseiten und digitale Medien verbrauchen eine enorme Menge an Energie, insbesondere wenn sie schlecht optimiert sind oder große, unkomprimierte Dateien enthalten. Nachhaltiges Webdesign berücksichtigt den Energieverbrauch und optimiert Seiten für eine schnelle Ladezeit, was nicht nur die User Experience verbessert, sondern auch den CO2-Ausstoß verringert.

Beispiel: The Green Web Foundation

Die Green Web Foundation bietet einen Überblick darüber, wie Unternehmen und Designer die Nachhaltigkeit von Webseiten messen können. Sie geben Tipps zur Optimierung von Webseiten und bieten ein Tool an, das anzeigt, wie umweltfreundlich eine Website ist. Diese Informationen werden nicht nur für die Designer:innen selbst von Bedeutung, sondern können auch Teil der Markenkommunikation werden, um ein umweltbewusstes Publikum anzusprechen.

Praktische Ansätze für nachhaltiges Grafikdesign

  • Verwendung von recyceltem Papier und Tinten: Die Wahl von umweltfreundlichen Materialien ist ein grundlegender Schritt, den Designer in ihrer Arbeit umsetzen können. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf recyceltes Papier, biologisch abbaubare Tinten und nachhaltige Druckverfahren.
  • Reduzierung der Dateigröße und Optimierung für die digitale Nutzung: Beim digitalen Design sind kleine Dateigrößen und effiziente Ladezeiten entscheidend. Die Reduzierung der CO2-Emissionen im digitalen Raum wird immer wichtiger, da der Energieverbrauch von Servern und Geräten in den letzten Jahren drastisch gestiegen ist.
  • Design für Wiederverwendbarkeit: Nachhaltiges Design zielt darauf ab, Produkte so zu gestalten, dass sie wiederverwendet oder recycelt werden können. Dies betrifft sowohl physische Produkte als auch digitale Designs.

Fazit

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil im Branding und Grafikdesign

Nachhaltigkeit ist nicht länger nur eine Wahl, sondern ein entscheidendes Kriterium für den langfristigen Erfolg von Marken. Um in der heutigen wettbewerbsintensiven und umweltbewussten Welt relevant zu bleiben, müssen Marken ihren ethischen und ökologischen Fußabdruck ernst nehmen. Nachhaltiges Grafikdesign und umweltbewusste Markenführung sind nicht nur ein Marketingtrend, sondern eine notwendige Antwort auf die steigenden Anforderungen von Verbraucher:innen und Gesellschaft.

Indem Marken authentisch und transparent nachhaltige Praktiken in ihr Design integrieren, schaffen sie nicht nur Vertrauen, sondern bauen auch eine tiefere, emotionalere Verbindung zu ihren Kunden auf. Marken, die diese Prinzipien erfolgreich umsetzen, haben die Chance, sich als Vorreiter einer neuen Ära der Markenethik zu positionieren.

Doch Achtung: Alle Versprechen, wie das der Nachhaltigkeit, sowie auch Fairtrade, können missbräuchlich angewandt werden, um Verbraucher:innen zu täuschen und an deren schlechtem Gewissen zu verdienen. Hierzu ein letzter Beitrag von SWR>Doku:

Quellen & weiterführende Links

Diese Quellen und Ansätze bieten einen fundierten Überblick und praxisnahe Beispiele für die Integration von Nachhaltigkeit in das Grafikdesign. Sie unterstreichen die zentrale Rolle von Design als Kommunikationsträger für die ethischen Werte einer Marke.

Claudia Machnik | Nachhaltiges Grafikdesign:

  • Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Prinzipien und der Umsetzung von nachhaltigem Grafikdesign. Hier wird besonders auf die Materialwahl, Ressourcenschonung und ethische Verantwortung im Design eingegangen.

Pia Weißenfeld | Nachhaltiges Grafikdesign:

  • Pia Weißenfeld erläutert, wie nachhaltiges Design im Bereich Grafik und Branding konkret umgesetzt werden kann und welche praktischen Schritte Unternehmen hierbei helfen können.

UX Design | What is Sustainable Graphic Design?

  • Eine eingehende Erklärung der Grundlagen von nachhaltigem Grafikdesign und dessen Bedeutung im digitalen Design. Besonders relevant für Designer:innen, die einen bewussten Umgang mit Ressourcen in ihren digitalen Projekten pflegen möchten.

Terramovement | A Guide to Sustainable Graphic Design

  • Eine praktische Anleitung, wie Designer:innen nachhaltige Entscheidungen treffen können, sei es in der Auswahl der Materialien oder in der digitalen Gestaltung.

Björn Means Bear | What Should Sustainable Design Look Like?

  • In diesem Artikel wird diskutiert, wie nachhaltiges Design in der Praxis aussehen sollte und welche Prinzipien beim Design von Markenmaterialien berücksichtigt werden müssen.
Timo Niels Lindner | Schönberg, 16.11.2024

Credits:

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