Im Herbst konnten wir mit der Familie unserer Tochter einige Tage im Südtirol verbringen. An einem Tag spazierten wir einem Waalweg entlang. Waalweg? Diesen Begriff hatte ich noch nie gehört. «Waale» nennt man dort die Bewässerungskanäle. Das Wort stammt aus dem althochdeutschen Begriff «walah», was soviel wie «Graben» oder «Wassergraben» bedeutet. Die ältesten dieser Kanäle sind über 1000 Jahre alt. Eindrücklich. Für mich wurde dies zu einem inspirierenden Erlebnis.
Waale sind also künstlich angelegte Wasserkanäle, die zur Bewässerung von Obstgärten und Weinbergen dienten. Wir wanderten vorbei an vollen Apfelbäumen und tief hängenden Trauben. Das zugeführte Wasser zeigte Wirkung und brachte Frucht hervor. Aber dazu brauchte es die Waaler. Sie waren für die Instandhaltung der Kanäle verantwortlich. Das Gemeinschaftsleben zwischen Waalern und Bauern war überlebenswichtig für eine gute Ernte. Die Niederschlagsmengen rund um Meran sind sehr gering, umso wichtiger ist diese Wasserzufuhr.
Wir Christen sind geistliche Waaler. Unser Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass das «lebendige Wasser» (Joh 4,14) von Jesus Christus zu den Menschen fliessen kann. Dieses Wasser muss zu unseren Nachbarn, Arbeitskollegen und letztlich zu allen Menschen fliessen können. Nur so entsteht Frucht, und Menschen kommen zum Glauben an Jesus und bekommen damit ewiges Leben. Sorgen wir für die nötigen Kanäle und schauen, dass diese nicht verstopfen? Sind wir gute Waaler?
Jürg Wüthrich, Leitung FEG Schweiz, juerg.wuethrich@feg.ch