Angekommen Sebastian Hohnschopp / "Bobberts" Detmold

Geschrieben und fotografiert von Stefan Volkamer

Die Wiege seiner Geburt stand in Wiesbaden, die Landeshauptstadt Hessens, bekannt als historische Kurstadt mit eleganter Architektur aus der Zeit des Klassizismus, Historismus und des Jugendstils. Eine schöne, lebendige und teils mondäne Stadt mit vielen kulturellen Attraktionen, gelegen am Rande des Rheingaus. Die Wiege seines Lebens aber stand in Lippe, wohin seine Eltern mit ihm und seiner jüngeren Schwester nur wenige Wochen nach seinem ersten Blick auf die Welt gezogen sind. Der heute 43-jährige Sebastian Hohnschopp ist ein echtes Lipper Urgewächs, der nach vielen beruflichen Stationen seinen Anker wieder in Lippe gesetzt hat. Privat in Bad Meinberg, beruflich in Paderborn als Geschäftsführer des Restaurants „Bobberts“, die schon 1740 gegründete Kultgaststätte im Herzen der Stadt, in einer kleinen Seitenstraße nur wenige Meter vom Domplatz entfernt.

Dass er einmal die Geschicke eines der angesehensten Restaurants Paderborns – das sich selbst noch „Gaststätte Bobberts“ nennt – führen würde, war so nicht geplant und auch nicht absehbar, denn über Jahre hat er sich der Kreuzschifffahrt verschrieben und ein Leben „aus dem Koffer geführt“, wie er mit seinem jungenhaften Schmunzeln zugibt. Seine Säuglingszeit hat Sebastian in Klüt verbracht, einem Stadtteil von Detmold. „Aber auf- und herangewachsen bin ich in Billerbeck und später in Horn, wo meine Eltern mit mir und meiner Schwester erst zur Miete wohnten, bis sie sich in Horn ein Haus gekauft haben“, so Sebastian. Es war eine schöne Zeit, an die er sich bis heute noch gerne erinnert. Nach der Grundschule besuchte er die Realschule in Horn-Bad Meinberg und erlangte mit 16 Jahren den Abschluss. „Natürlich stand damals die Frage im Raum, wie es jetzt mit mir weitergehen sollte und könnte. Ich hatte mir erst überlegt, bis zur Erlangung der gymnasialen Oberstufe weiterzumachen. Doch irgendwie hielt sich meine Begeisterung dafür in Grenzen und so habe ich mich entschlossen, eine Ausbildung zum Restaurantfachmann zu absolvieren. Meine Mutter sagte immer, ich hätte eine besondere Stärke, was den Umgang mit Menschen angeht. Meine offene und unkomplizierte Art sei mir quasi in die Wiege gelegt worden und daraus sollte ich was machen“, erinnert er sich. „Und es gibt kaum einen anderen Bereich, in dem man mit so vielen Menschen unterschiedlicher Art zusammen kommt wie im Hotel- und Gastronomiegewerbe.“

Burghotel Blomberg

Zu den besten Ausbildungsbetrieben zählte damals das Burghotel Blomberg, und „als die mich zur Ausbildung als Restaurantfachmann angenommen haben, war ich überglücklich“, erinnert Sebastian Hohnschopp. Sein erstes Ausbildungsjahr zum Restaurantfachmann verlief gut, aber dennoch keimte in ihm der Wunsch, das Fachabitur zu machen. So setzte er seine Ausbildung zunächst aus. „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens, so das bekannte Zitat des englischen Königs Heinrich IV. in Shakespeares gleichnamigen Historiendrama. Ich merkte schnell, dass die Realität mit meiner Wunschvorstellung nicht übereinstimmte. Und so entschloss ich mich, meine Ausbildung am Burghotel Blomberg zu Ende zu bringen, und das habe ich dann auch.“ Es war die richtige, und es war eine gute Entscheidung, wie sich noch herausstellen sollte. Nach der Ausbildung zum Restaurantfachmann stand zunächst die Bundeswehr an. Anstatt den Dienst an der Waffe anzutreten, entschloss sich Sebastian, seine Wehrdienstpflicht als Zivildienstler abzuleisten. Die Rose Klinik in Bad Meinberg bot sich dafür idealerweise an, und so konnte er auch hier sein feines Gespür im Umgang mit Menschen einbringen und vertiefen.

Kreuzfahrer

„Danach musste einfach mal raus, mal etwas ganz Neues beschnuppern und kennenlernen“, meint er. Und so begann seine „Kreuzfahrerzeit“ auf der MS Hanseatic, ein feines Expeditions-Kreuzfahrtschiff der Hapag Lloyd. „Das Besondere an dem Schiff ist seine Auszeichnung. Es ist das weltweit einzige Schiff seiner Art, das mit 5 Sternen geadelt worden ist. Dieses Schiff der Luxusklasse bietet seinen 175 Passagieren höchsten Komfort, eine exzellente Küche, viele Sport-, Wellness- und Unterhaltungsangebote und einen Service, der kaum zu toppen ist. Die 125 Crewmitglieder kümmern sich um alles und jeden, und das auf höchstem Niveau“, so Sebastian Hohnschopp. Die erste Saison – rund 7 Monate – brachte nicht nur überwältigende Eindrücke und reichlich Erfahrungen, sie machte sich auch gut im Lebenslauf. Nach 7 Monaten auf hoher See heuerte er wieder beim Burghotel Blomberg an und blieb dort bis 2008, zuletzt als stellvertretender Serviceleiter, unter anderem auch zuständig für die Ausrichtung und Betreuung von Banketten, Veranstaltungen, Hochzeiten und Geburtstagsfeiern.

Dann kam seiner Mutter ins Spiel. Sie führt bis heute – unterstützt von Sebastians Schwester, einer ausgebildeten Altenpflegerin − ein privates Senioren- und Pflegeheim in Horn. Sie konnte sich gut vorstellen, dass ihr Sohn vielleicht einmal in die Leitung des Heims einsteigen könnte. Sebastian holte darauf hin sein Fachabitur in Lemgo nach und schickte sich an, Gesundheitsmanagement zu studieren. „Doch, wenn ich ehrlich bin, so richtig überzeugt war ich von alldem nicht, das merkte auch meine Mutter. Es bedeutet viel Verwaltungskram, viel Schreibtischarbeit, viel Büro und wenig Abwechslung. Außerdem war meine Schwester als Altenpflegerin dafür wie prädestiniert. Sie ist dann letztlich in das Heim eingestiegen und führt es heute mit meiner Mutter gemeinsam sehr erfolgreich“, gesteht Sebastian. Kreuzfahrer Sebastian zog − in Einstimmung mit seiner Familie − die Reißleine und heuerte 2010 wieder an. Erneut bei der Hapag Lloyd und wieder bei der Expeditionsflotte. In der Folgezeit wurde er zum Maître d'hotel gleich mehrerer Schiffe der Flotte befördert und erlangte damit gleichzeitig auch den Offiziersstatus. „Als Offizier hat man seine eigene Kabine, seine eigene Dusche, sein eigenes Reich auf dem Schiff“, meint er. Jeden Tag ein neuer Hafen, ein neuer Strand und in der Regel alle vierzehn Tage neue, neugierige, interessante und interessierte Passagiere. „Ein wirklich spannendes Leben auf hoher See mit immer neuen Herausforderungen. Das war ganz nach meinem Geschmack. Und gut bezahlt war der Job auch.“ 7 Tage die Woche und 14 Stunden am Tag. Anstrengend! „Dann rief mich plötzlich mein ehemaliger Hoteldirektor an. Er hatte inzwischen einen neuen Job in Österreich und fragte mich, ob ich nicht kommen wollte. So bin ich vom Schiff runter und habe ein Jahr lang als F&B Manager erst in der Steiermark, danach in Saalbach Hinterglemm gearbeitet. Aber das Wasser ließ mich nicht los und so kam es, dass ich ab 2015 bei der AmaWaterways River Cruise Line, ein amerikanisches Flusskreuzfahrtunternehmen, eingestiegen bin. Erst als Corporate Maître d'hotel, später als Hotel Operation Manager. Es war ein Leben aus dem Koffer, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war in Europa für bis zu 20 Schiffe verantwortlich, wohnte mal auf dem einen, mal auf einem anderen Schiff und trainierte die Crew.“ Dann kam Corona.

Zwangspause

Von heute auf morgen lag das Geschäft brach. Nichts ging mehr. Viele Kollegen und Kolleginnen wurden entlassen, auch im oberen Management. Sebastian ebenfalls. Die Schiffe dümpelten still vor sich hin. Sebastian hatte einiges auf die hohe Kante legen können, und so gönnte er sich zunächst eine Auszeit. „7 bis 8 Monate habe ich mal nichts gemacht, habe die Seele baumeln lassen und meine Beine hochgelegt. Aber ein Dauerzustand konnte das natürlich nicht sein, denn irgendwann neigen sich die Rücklagen ihrem Ende zu.“ Keine gute Aussicht, dachte sich Sebastian. So nutzte er die Möglichkeit, für die von der Metro AG übernommene Allkauf-Gruppe deren Fertighäuser zu vermarkten. „Am Anfang lief das ziemlich gut, doch nach der Streichung von Fördermitteln seitens der KfW war auch hier der Wurm drin“, erinnert sich Sebastian. In diesem Engagement sah er keine Zukunft für sich, „obwohl es in den eineinhalb Jahren schon Spaß gemacht hat, super lief und eine interessante Aufgabe war.“

Bobberts

Sebastian Hohnschopp hat gute Freunde, „echte Kumpels, die man sein Leben lang behält.“ Einer von ihnen arbeitet bei der VerbundVolksbank OWL in Paderborn. Er arbeitet dort als Veranstaltungsleiter für das Forum der Bank und hatte mit dem „Projekt Bobberts“ hintergründig immer wieder zu tun. Das Restaurant befindet sich im Besitz der Volksbank und ist gewissermaßen deren gastronomisches Aushänge- und Repräsentationsschild. „Mein Freund fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, diese alteingesessene „Gaststätte“ als Restaurantleiter zu führen. Aber ich wollte nicht unbedingt in die klassische Gastronomie zurück und verneinte, bedankte mich aber für die Anfrage“, erinnert er sich. Knapp ein halbes Jahr später stand die Frage wieder im Raum. Die Volksbank hat das Restaurant inzwischen in die Bobberts Gastro GmbH überführt und war auf der Suche nach einem erfahrenen, versierten und fähigen Geschäftsführer mit Hands-on-Mentalität. Das Gespräch mit dem Vorsitzenden des Vorstandes verlief gut und zügig. Man wurde sich schnell einig. Seit dem 1. Januar 2023 ist Sebastian Hohnschopp neben Oliver Kronsbein, Justiziar der Bank, Co-Geschäftsführer der Bobberts Gastro GmbH und damit wesentlich verantwortlich für eines der beliebtesten Restaurants der Stadt.

Ich fühle mich angekommen

Und wie fühlt sich das an? „Ich fühle mich angekommen“, gesteht er aufrichtig. „So, als wenn ich Anker gesetzt hätte.“ Die Frohnatur Sebastian Hohnschopp ist als Geschäftsführer für alles verantwortlich, was in einem Restaurant anfällt. Vom Einkauf über die Finanzen, vom Service über die Dekoration, vom Personal bis zur Küche. Hier steht ihm sein langjähriger Küchenchef Dennis Gaukstern, der schon seit 2011 im Bobberts tätig ist, mit Rat und Tat zur Seite. „Als Geschäftsführer bin ich für das komplette Programm verantwortlich, wie ein selbständiger Gastronom eben, und komme dabei gut und gerne auf einen 11 Stunden-Tag. Gleichzeitig aber genieße ich die Vorzüge eines Angestellten und die Sicherheit, letztlich Mitarbeiter einer großen Bank zu sein. Das gilt auch für meine Crew von insgesamt 16 Leuten, von denen 10 fest angestellt sind. In der Corona Zeit zum Beispiel hat die Bank keinen der Mitarbeiter entlassen.“ So verwundert es auch nicht, dass Sebastian keinerlei Probleme hat, wirklich gute, engagierte, zuverlässige und freundliche Mitarbeiter zu finden, zumal diese auch noch überdurchschnittlich entlohnt werden und eine 5-Tage-Woche haben. Sonntags und montags hat das Bobberts nämlich geschlossen. „Wir sind ein Stadtrestaurant und kein Ausflugslokal, da macht es betriebswirtschaftlich keinen Sinn, sonntags zu öffnen“, erklärt Sebastian.

Das "Bobberts" in Detmold gilt als Kultstätte.

Atmosphäre und feine Speisen

Wer das Restaurant betritt, wird umgehend von der besonderen Atmosphäre eingefangen, die das Bobberts verströmt. Die Architektur ist leicht, hell und luftig, die Einrichtung und Ausstattung ist modern und hochwertig, leicht puristisch, gediegen und zeitlos. Meterhohe, marmorierte Säulen setzen fast schon klassizistische Akzente, die riesigen Murano-Kronleuchter bilden einen schönen Kontrast zu dem ansonsten dezent eingesetzten Beleuchtungssystem. Die Tische sind stilvoll eingedeckt, geziert mit frischen Schnittblumen. „Im Sommer kaufen wir unsere Blumen immer auf dem Markt, im Winter bei der Floristin. Unsere Gäste erfreuen an den liebevoll eingedeckten Plätzen, und wir uns alle auch“, so Sebastian. Freude kommt auch beim Blick in die Speisekarte auf. Die Küche hat sich auf gutbürgerliche Gerichte konzentriert. „Gehobene deutsche Küche, abwechslungsreich und modern interpretiert, bei der wir, soweit es geht, nur regionale und absolut frische Erzeugnisse aus dem Paderborner Land einsetzen. Unsere Gäste können Rinderrouladen nach Großmutters Art ebenso bestellen wie Bratwurst vom Wildschwein, Schnitzel vom Paderborner Landschwein oder Kalb, Burger von der deutschen Färse, argentinisches Rinderfilet oder gebratenes Maischollen-Filet, Austern-Ragout oder Hähnchen am Spieß. Pasta Primavera, Flammkuchen nach „Elsässer Art“ oder Blattsalat mit gratiniertem Ziegenkäse genießen die Theaterbesucher gerne auf die Schnelle, bevor sie gleich nebenan den Saal betreten.“ In der Mittagszeit zwischen 12 und 14.30 Uhr treffen sich gerne Geschäftsleute zum Business Lunch im Speisesaal oder auf der Terrasse. Es werden immer drei Speisen zur Auswahl angeboten. An jedem Mittwoch ist „Schnitzeltag“, dann gibt es Schnitzel vom Paderborner Landschwein mit Salat und Pommes frites in fünf verschiedenen Variationen. „Sehr beliebt“, meint Sebastian. „Ebenso beliebt ist das Bobberts Krimi-Dinner, bei dem alle Krimi-Dinner-Freunde ein exklusives Gänge-Menü unseres Küchenchefs genießen können.“ Wer weiterkommen möchte, darf nicht stehen bleiben, muss sich immer wieder neu erfinden und seinen Gästen Abwechslung bieten. Auch das gehört zu Sebastians Job.

Dass es rund läuft im Bobberts, hat sich bis zum Fernsehen herumgesprochen. Im Juni hat das Bobberts an der beliebten Fernsehsendung „Mein Lokal. Dein Lokal“ teilgenommen und den zweiten Platz erreicht. Teilgenommen haben Restaurants aus Paderborn und dem Paderborner Land. Das Signature-Menü aus Rindertatar-Schnitte, Hirsch-Filet und einem Trifle aus Quark, Sauerkirschen und Schokoladen-Splitter ist ein Hochgenuss. „In unserem Restaurant lässt es sich aber auch gut feiern – exklusiv oder separat in einem der Räume. Egal, ob Geburtstage, Hochzeiten, Firmenveranstaltungen, Weihnachtsfeiern, Junggesellenabschiede oder einfach eine Party. Wir stellen unsere Räumlichkeiten gerne für 20 bis 160 Personen zur Verfügung und sorgen dafür, dass es eine unvergessliche Veranstaltung wird“, sagt Sebastian.

Glück

Nach Jahren auf Kreuz- und Flussfahrtschiffen und einem Leben aus dem Koffer ist Sebastian Hohnschopp angekommen. Die Lipper Frohnatur ist im Bobberts vor Anker gegangen und bezeichnet diese Entscheidung als die beste seines Lebens. Und das macht ihn glücklich? „Ja, natürlich“, meint er. „Doch was mich noch glücklicher macht, sind rundum glückliche und zufriedene Gäste.“ Und die scheint es reichlich zu geben, denn sonst hätten Sebastian und sein Team nicht so viele treue Stammgäste.

www.bobberts.de

ERSTELLT VON
TEXTHAUS Stefan Volkamer