Neues Leben in Beziehungen Kinderheimat Tabor

Kürzlich erreichte uns die Geburtsanzeige einer Mitarbeiterin der Wohngruppe. Zur Freude der Eltern wurde ein Mädchen geboren. Die Geburtsanzeige hängt auch in der Wohngruppe, in der die Sozialpädagogin bis zuletzt sehr engagiert mitgearbeitet hat. Wenn man dann die Kinder in der Wohngruppe beobachtet, merkt man schnell, dass zwar auch dort grosse Freude herrscht, sich aber auch andere Emotionen darunter mischen.

Urs Klingelhöfer Leiter, Kinderheimat Tabor, Aeschi, heimleitung@kinderheimat-tabor.ch

Wieder steht ein Wechsel der Mitarbeiterin an. Unsicherheit und Unruhe kommen auf und vielleicht verliert ein Kind auch seine bisherige Vertrauens- und Bezugsperson. Es können berechtigte Verlustängste und Trauergefühle entstehen. Diese sind nicht falsch, sondern dürfen/müssen zugelassen werden. Wenn die Kinder gar nicht reagieren würden, wäre das auch sehr merkwürdig, aber auch das kommt hin und wieder vor.

Beziehungsgestaltung ist nicht nur ein wichtiges Lernziel für und unter Kindern, sie ist vielmehr die Basis für eine gelingende sozialpädagogische und bildende Alltagsgestaltung in unserem Schul- und Wohnkon­text. Gelingende Beziehungen sind nachweislich der stärkste Indikator, um Glück zu quantifizieren.

Dabei ist es uns als Institution sehr wichtig, die vorhandenen gesunden Anteile einer nährenden Familienbeziehung zu stärken und für das Kind nutzbar zu machen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Kinder sich von ungünstigen Beziehungsmustern lösen und neues Leben in verkorkste Beziehungsverläufe bringen können. Das geht nicht von heute auf morgen, es braucht eine gewisse Beziehungskonstanz und Verlässlichkeit und die Bereitschaft, sich auf das Gegenüber einzulassen. Wo dies gelingt, können neue, wohlwollende und konstruktive Beziehungsmuster zu Mitschülern und Erwachsenen entstehen und auch familiäre Beziehungsstrukturen eine neue Qualität für Kinder und Eltern entwickeln.

Im Tabor können und wollen wir keine familiären Beziehungen ersetzen. Dennoch begegnen unsere Mitarbeitenden den Kindern mit viel Herz, Engagement, Wertschätzung, Respekt, Wohlwollen und viel Geduld. Denn oft gelingt das neue Leben in Beziehungen noch nicht, oft scheinen sich sogar alte, schwierige Muster an den Mitarbeitenden abzuarbeiten. Dann braucht es gefestigte Fachpersönlichkeiten und ein professionelles Verständnis für diese Situationen.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeitenden, die hier «Neues Leben» in Beziehungen ermöglichen.

Der Apostel Johannes hat es von Gott gesehen: «Siehe, ich mache alles neu!» (Johannes 21,5). Dieses «Neue» dürfen wir in «heilsamen Beziehungen» im Alltag immer mehr erfahren und einüben.