Kaum ein Thema erregt derzeit die Gemüter der Fotografieszene mehr als die "Generative Füllung" in Adobes aktueller Photoshop-Betaversion. Youtube quillt über mit Videos zu diesem Thema und alle sind begeistert. Und ja, es ist extrem beeindruckend und gleichzeitig erschreckend, was mit Photoshop (Beta) jetzt möglich ist. Ich möchte mich hier auf einen Aspekt konzentrieren, der immer wieder gezeigt wird und zu verblüffenden Ergebnissen führt: das Erweitern von vorhandenen Bildern.
Die Idee: Man hat ein Foto, bei dem man sich mehr "Fleisch" um das Bild herum wünscht, weil der aktuelle Ausschnitt zu eng ist.
Dazu geht man einfach in das Crop-Tool und anstatt den Ausschnitt zu verkleinern, vergrößert man den Rahmen. In den meisten Videos, die man zu diesem Thema sieht, sogar auf allen Seiten gleichzeitig. Dann markiert man diesen neuen leeren Bereich und lässt ihn einfach mit dem Tool "generativ auffüllen". Das Ergebnis ist meist spektakulär. Hier sind einige meiner eigenen Spielereien:
Es ist wirklich erstaunlich, was Ps da in kürzester Zeit generiert. Für Instagram ist das auch absolut ausreichend, doch wenn man etwas genauer hinschaut und ins Bild hineinzoomt, hält es leider nicht, was es ausgezoomt verspricht.
Nehmen wir beispielsweise das letzte Bild vom Monument Valley. Hier zunächst das Ausgangsbild.
Ein Bild mit toller Lichtstimmung, interessanten Wolken und schönem Farbkontrast. Allerdings für meinen Geschmack zu eng im Zuschnitt. Ich möchte dem Hauptfelsen im Vordergrund links mehr "Luft zum Atmen" gönnen. Wenn man nun das Bild nach links, rechts und oben in einem Schritt erweitert, bekommt man ein Problem, das sich beim Einzoomen zeigt:
Es ist leicht zu erkennen, dass der erweiterte Teil (links im Ausschnitt) bei näherer Betrachtung extrem grob aufgelöst ist. Der ursprüngliche Teil (rechts im Ausschnitt) zeigt dagegen extrem feine Details.
Der Grund ist ganz einfach: Die "Generative Füllung" liefert (derzeit) als Ergebnis ein Bild mit maximal 1024 x 1024 Pixeln Auflösung. Wenn nun der zu füllende Bereich größer ist, wird das Ergebnis einfach auf die benötigte Größe hochskaliert - allerdings nicht mit faszinierendem KI-Voodoo, sondern, wie man sieht, mit ganz nüchterner Vergrößerung. In meinem Fall auf 11963 x 6746 Pixel.
Die Lösung ist ebenfalls einfach: Man arbeitet nicht in einem Schritt, sonderngeht häppchenweise vor. Hier sollte man mindestens 3 Schritte machen; also erst links, dann rechts, dann oben erweitern. Das bringt schon etwas, aber bei der Ausgangsgröße des Originalbildes von ca. 9000 x 6000 Pixeln nicht genug, um es hier zu zeigen.
Für die optimale Qualität arbeitet man in 1024x1024-Häppchen. Dazu geht man wie folgt vor.
- Man erweitert das Bild nach links um 1014 Pixel. Das macht man über Bild->Arbeitsfläche und erweitert die Breite entsprechend mit gesetztem "Relativ-Häkchen". 1014 Pixel deswegen, damit man mit der Auswahl von 1024 ein wenig Überlappung mit dem Bildinhalt hat. Den Anker setzt man rechts in die Mitte.
- Man erstellt eine Rechteckauswahl und setzt in der Optionenleiste die "Art" auf "Feste Größe" mit 1024x1024.
- Man setzt die Rechteckauswahl Auswahl auf die linke untere Ecke.
- In der Kontextbezogenen Taskleiste klickt man auf "Generative Füllung" und dann auf "Generieren" ohne einen Text einzugeben. Ps weiß in aller Regel, was zu tun ist.
- Man setzt die nächste Auswahl nach oben, so dass diese unten und rechts überlappt.
- Man wiederholt 4. und 5. bis man am oberen Bildrand angekommen ist.
Hier die Screenshots zum oben beschriebenen Workflow:
Diese Vorgehensweise ist natürlich sehr mühsam und taugt ganz sicherlich nicht für spektakuläre Youtube-Videos. ;) Das Ergebnis ist dafür wirklich perfekt.
Ehrlich gesagt war es mir auch zu mühsam, das Stück für Stück von Hand zu machen. Glücklicherweise kann die "Generative Füllung" in Ps-Aktionen verwendet werden. Also habe ich mir eine Ps-Aktion für horizontales und eine Ps-Aktion für vertikales Erweitern geschrieben. Damit habe ich das Bild von ursprünglich knapp 50 Megapixeln auf knapp 80 Megapixel erweitert, Zeit für eine kleine Kaffeepause gehabt und ein Ergebnis in allerfeinster Qualität bekommen. Was soll ich sagen? Mir gefällt es so viel besser:
Ein Bemerkung zum Schluss: Viele sind der Meinung, dass die geringe Auflösung nur ein vorübergehendes Phänomen ist, solange sich die ""Generative Füllung" noch in der Beta-Phase befindet. Das mag so sein. Ich habe aber auch schon gehört (aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen), dass das Ganze (teilweise) kostenpflichtig werden könnte. Es war die Rede davon, dass man ein gewisses Kontingent pro Monat frei hat und darüber hinausgehende Generierungen (im Cent-Bereich) in Rechnung gestellt werden. Sollte es dazu kommen, wird die Auflösung sicherlich einen großen Unterschied bei einer Bepreisung machen. Mir kommt es durchaus plausibel vor, dass es auf ein solches Bezahlmodell hinauslaufen könnte. Wenn ich sehe, wie oft man beim Experimentieren erneut auf "Generieren" klickt, dann kann einem da schon ein bisschen Angst und Bange werden. Immerhin wird die Bildinformation zu Adobe hochgeladen, die Generierung läuft auf deren Servern und der Inhalt wird wieder heruntergeladen. Dass das in beliebiger Anzahl und Auflösung völlig kostenlos bleiben soll, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich glaube, dass ich meine Aktionen auch in Zukunft sinnvoll einsetzen kann.