Was macht Ihre Kirche normalerweise nach dem Gottesdienst? In der Chile im Sidehof (CiS) lautet die Antwort: «Bobbycar-Wettrennen, Fangis im Saal oder Kissenschlacht bei den Sofas im Keller». Zugegeben, manche bevorzugen die Gemeinschaft bei Kaffee und Kuchen. Dort plaudert etwa ein älteres Ehepaar mit einem Vater, der ein Neugeborenes im Arm hält. Dabei ist es jedoch wichtig, gut aufzupassen und nicht versehentlich über ein Kind zu stolpern, das plötzlich vor die Füsse läuft. Und das kommt oft vor. Also das Vor-die-Füsse-Laufen, nicht das Stolpern.
Diese Lebendigkeit prägt auch das Miteinander in der Gemeinschaft. «Die CiS ist familiär: nicht riesig, aber gerade etwa so gross, dass ich fast alle Leute beim Namen kenne», sagt Thomas, ein Mitglied des Sidehofs. Deshalb habe er immer wieder die Möglichkeit, neue Menschen besser kennenzulernen. Das finde er sehr wertvoll.
Besonders sichtbar ist das in den letzten Jahren: Früher waren es vor allem ältere Generationen, die das Zusammenleben prägten. Seit ein paar Jahren ist der Sidehof deutlich gewachsen und es wird nun fast jeden Monat ein neues Kind geboren – oder so kommt es einem zumindest vor. Es kann also gut sein, dass Martin oder Daniel, die beiden Pastoren, in der Predigt eine Frage stellen und eine Reaktion das «Lalala» des Babys in der letzten Reihe ist. Auch dieses Gebrabbel hat Platz in der CiS. «Die vielen Familien mit ihren Kindern machen das Zusammenleben lebendig», sagt Käthy, die seit der Fusion in den Sidehof geht, mit einem Lächeln.
Lange gibt es die CiS nämlich noch nicht. Erst im Oktober 2019 schlossen sich zwei Kirchen zusammen. Diese Fusion habe ihn begeistert, erinnert sich Pius, ein weiteres langjähriges Mitglied. «Innerhalb kürzester Zeit waren wir nicht mehr Chrischona und FEG Rüti, sondern Chile im Sidehof», sagt er.
Seitdem sind die Generationen noch vielfältiger geworden. Fast ein Jahrhundert liegt zwischen den verschiedenen Generationen in der CiS: Die älteste Person wurde 1935 geboren, die jüngste 2025. «Jede Altersgruppe hat eigene Stärken und Möglichkeiten, wie sie sich in die Gemeinschaft einbringen kann», beschreibt Tabea, die selbst drei Kinder hat.
Viele ältere Leute brächten zum Beispiel Weisheit und Lebenserfahrung mit, ergänzt Thomas. «Und jüngere sind manchmal eher offen für Neues.» Daraus entsteht ein fruchtbarer Austausch von Fähigkeiten und Sichtweisen, der die Gemeinschaft bereichert.
Manchmal wird dieser Austausch auch ganz praktisch erlebbar. Einmal etwa gab es ein gemeinsames Essen mit Jugendlichen und älteren Menschen. Jeder brachte sein Lieblings-Worship-Lied mit und stellte es den anderen vor. «Solche generationenverbindenden Momente zeigen, wie wir voneinander lernen können und wie Distanz zwischen Alt und Jung abnimmt», sagt Pius.
Seit einiger Zeit hat sich zudem am Sonntagmorgen ein Format etabliert. Nach der Predigt können Freiwillige spontan auf die Bühne kommen und von sich erzählen – sei es ein Erlebnis mit Gott, ein Gedanke zur Predigt oder ein Gebetsanliegen.
Ausserhalb des Gottesdienstes sucht die CiS aktiv den Kontakt nach draussen: etwa mit dem Gebetszelt und dem Outreach. Im Sommer steht das Gebetszelt an mehreren Samstagen in der Einkaufsstrasse von Rüti. Interessierte haben die Möglichkeit, das Angebot des Gebets zu nutzen. Ein Team, in dem Personen aus der CiS und aus anderen Gemeinden mitwirken, sucht aber auch aktiv das Gespräch mit Passantinnen und Passanten. Sie hören den Menschen zu, die oft von Schicksalsschlägen, Problemen oder Krankheiten berichten, und beten je nach Bereitschaft mit ihnen.
Ganz ähnlich ist es beim Outreach, der vierzehntäglich stattfindet, wo Zweiergruppen durch Rüti unterwegs sind und Passantinnen und Passanten ansprechen. So kann immer wieder Menschen das Evangelium erklärt werden, ihnen Mut zugesprochen und für sie gebetet werden.
Die Gruppe, die diese Einsätze organisiert, ist zwar klein, doch ihr Dienst ist ein fester Bestandteil des «Chileläbe». Denn zur Kirche gehört nicht nur das Leben in der eigenen Gemeinschaft, sondern ebenso der Schritt nach draussen: Menschen zuhören, Hoffnung weitergeben und von Gott erzählen.
Dieses Miteinander zeigt sich aber auch im Alltag innerhalb der CiS. So bete etwa ein älteres Ehepaar, das heute kein Kinderprogramm mehr gestalten könne, seit Jahren für ihren Sohn, erzählt Tabea. Füreinander zu beten, einander den Segen zuzusprechen und im Gebet füreinander einzustehen, sei eine oftmals unterschätzte, aber wichtige Aufgabe in der Kirche, sagt sie. «Es bewirkt mehr, als uns bewusst ist, und darf nicht in Vergessenheit geraten.»
Gerade im Blick auf die Kinder wird dieser generationenübergreifende Gedanke besonders sichtbar. «Den Kindern gehört das Himmelreich» ist uns ein wichtiges Anliegen, sagt Martin, einer der beiden Pastoren. Für ihn bedeute das Wort jedoch nicht, dass es die Aufgabe der Erwachsenen sei, den Kindern von oben herab den Glauben zu vermitteln. «Vielmehr wollen wir gemeinsam mit den Kindern Jesus nachfolgen.»