Zwischen Jugendarbeit und Lehrberuf Im Gespräch erzählt der Synodale Lukas Frei, wieso er in zwei Kirchgemeinden gleichzeitig aktiv ist, schildert seine Motivation für die Arbeit mit Jugendlichen, und was ihm als 22-Jährigen zu einem anderen Bild der Kirche verholfen hat.

Lukas Frei überlegt kurz und antwortet dann ruhig: «Vor ein paar Jahren hätte ich ja gesagt.» Die Frage war, ob die Kirche vor allem für die Älteren sei. Denn in den letzten Jahren habe sich sehr viel getan, sagt der 22-Jährige. Damit spricht er vor allem von Diepoldsau, wo er als Synodale amtet, aber auch von Altstätten, wo er sich seit längerem engagiert. Mit «viel getan» meint der Diepoldsauer die Bereitschaft, neues auszuprobieren: ein Referat in einem Gottesdienst einbetten, ein kreativer, humorvoller Stand der Kirche beim Dorffest, aber auch neue Wege in der Jugendarbeit. Vor allem Letzteres ist ihm enorm wichtig und dort engagiert sich Lukas auch am meisten – in Diepoldsau und in Altstätten. Dass er gleichzeitig in der Ausbildung zum Sekundarlehrer ist, passt dazu.

Altstätten statt Diepoldsau

Dieser Einklang zwischen beruflicher Laufbahn und Engagement war nicht immer so. Lange wusste Lukas nicht, wie seine berufliche Zukunft aussehen soll und lange war er nicht besonders aktiv in der Kirche. Er wurde zwar «getauft und alles», ging als Kind auch in den Freitagstreff – vergleichbar mit der Sonntagsschule – hörte damit aber auf, als seine Kollegen auch nicht mehr gingen. In der Oberstufe entschied er sich, in die Kanti nach Heerbrugg zu gehen, aber ohne explizites Ziel vor Augen. Als er dann als Kantischüler begann, Nachhilfe zu geben, merkte er sehr schnell, dass ihm das Beibringen von Inhalten und das Arbeiten mit Jugendlichen sehr gefiel. Er behielt das Nachhilfe-Geben bei und entschied sich, nach der Matura die PH zu absolvieren und Sekundarlehrer zu werden. Zeitgleich mit dem Schmieden seiner Berufspläne begann Lukas, sich wieder in der Kirche zu engagieren. Aber nicht in Diepoldsau, wo er selbst wohnt(e), als Kind im Freitagstreff war und seine Mutter in der Kirchenvorstehendenschaft ist, sondern acht Kilometer westlicher in Altstätten. Ein Kollege hat Lukas dorthin an einen Jugendgottesdienst mitgenommen – gefallen hat es ihm aber nicht. Eine zweite Chance gab er seinem Freund trotzdem und ging mit in ein Lager, was ihn dagegen vollkommen packte. Es folgte ein Jugendalphakurs und nach und nach übernahm er mehr Verantwortung. Nun leitet er eben diese Jugendgottesdienste und Jugendalphakurse selbst mit. Parallel dazu wird sein Plan, Oberstufenlehrer zu werden, voraussichtlich in anderthalb Jahren in Erfüllung aufgehen.

Vollen Einsatz für Jugendliche

Wenn Lukas von seinem Studium, von Praktika in Oberstufen oder von seinem Engagement in der Jugendarbeit erzählt, sprudelt trotz seiner ruhigen und bedachten Art seine Freude an der Arbeit mit Jugendlichen aus ihm heraus. Er findet dieses Alter äusserst spannend: «In diesen wenigen Jahren tut sich bei den Jugendlichen sehr viel.» Als Lehrer wird er in diesen «wichtigen Lebensjahren» eine bedeutende Bezugsperson sein – speziell als Klassenlehrer, was der 22-Jährige, anders wie viele seine Mitstudierenden, einmal machen möchte. Dies, obwohl er als Klassenlehrer mehr Verantwortung hat, mühsame Gespräche mit Eltern führen muss und die Jugendlichen bei der Berufsfindung begleitet. «Dafür hast du deine eigene Klasse, begleitest diese noch intensiver und jeder unterschriebene Lehrvertrag ist auch für dich selbst ein Erfolgserlebnis.» In diesen Aussagen spürt man die Motivation und Vorfreude des angehenden Lehrers heraus. Hilfsbereit sein, sich voll und ganz für die Jugendliche einsetzen, auch wenn er sich selbst dafür Mal zurücknehmen muss. Bestimmt würde er die ein oder andere Nachtschicht machen, damit auch das letzte seiner «Schäfchen» eine Lehrstelle findet. Da er aktuell noch in der Ausbildung ist, sind seine unbezahlten Abendschichten aktuell in der Jugendarbeit. Aber auch dort will er die Jugendlichen weiterbringen: Er bringt den Jugendlichen die Grundlagen der Bibel bei oder zeigt anderen die Technik bei einem Musikevent.

Von anderen Kirchgemeinden abschauen

Von seinen Erfahrungen in der Jugendarbeit in Altstätten bringt er einiges in Diepoldsau ein. So konnte dort in den vergangenen Jahren einiges in der Jugendarbeit umgesetzt werden. Diese Vernetzung will Lukas aber noch weiterführen. «Bisher weiss ich nur, wie es in Diepoldsau und Altstätten läuft.» Sein Amt in der Synode sei dafür sehr nützlich. Der Austausch mit anderen jungen Synodale und mit anderen Kirchgemeinden gibt ihm genau das: «Wir haben alle die gleichen Probleme, hier und da können wir Ideen für Lösungen kopieren.» Aber auch das eigentliche Geschäft des Kirchenparlaments gefällt Lukas: konstruktiv mitschaffen, sich einbringen, etwas bewirken. Ein Thema, das er besonders spannend findet, ist – was auch sonst – der Religionsunterricht. Auch wenn er selbst keine Religion unterrichten wird, bringt er als angehender Lehrer hier einiges an Fachwissen mit. Zudem liegt es ihm am Herzen, dass die Schüler:innen einen zeitgemässen, attraktiven Religionsunterricht erhalten.

«Ein junges Gesicht mehr»

Für ein zweites Thema will sich der 22-Jährige ebenfalls stark machen: Die Kirche jünger aussehen zu lassen. «Die Kirche wird meistens als altes Konstrukt gesehen, auch wenn dies gar nicht stimmt.» Das ist auch ein Grund, wieso Lukas überhaupt in der Synode ist. Denn als sein Vorgänger ihn fragte, ob er dieses Amt übernehmen möchte, überlegte er sich die Entscheidung gut. Dabei kam ihm der Gedanke an das alte Bild, was die Kirche vielerorts hat. «Indem ich das Amt annahm, hat die Kirche ein junges Gesicht mehr.» Das Bild der alten Kirchen in den Köpfen zu ändern, ist eine Herkulesaufgabe. Sie wird Jahrzehnte dauern. Doch wer soll sich in der Synode für diesen Wandel einsetzen, wenn nicht Lukas, Er, der vor ein paar Jahren noch selbst Ja gesagt hätte zur Frage, ob die Kirche vor allem für die Älteren sei.

Text: Diego Müggler, Fotos: Diego Müggler, Andreas Ackermann