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Bibliolog eine andere Art, die Bibel zu betrachten

Monika Weidmann

Jeder Christ hat über die Jahre hinweg eine bestimmte Art des persönlichen Bibellesens entwickelt. Man gewöhnt sich daran und hält es für richtig. Wählt man aber einmal eine völlig andere Art des Bibellesens, erschliessen sich einem unter Umständen ganz neue Erkennt­nisse.

Die Bibel fängt an zu leben

Die Teilnehmer sitzen gespannt auf ihren Stühlen in einem Kreis. Worauf haben sie sich wohl eingelassen, als ich sie zu einem Bibliolog eingeladen habe? Viele fragen mich, was ein Bibliolog ist.

Bibliolog – das muss man aber am besten gleich selber erleben. Vor ein paar Jahren durfte ich in einem Lager an einem Bibliolog teilnehmen. Diese Methode, in eine biblische Geschichte oder einen biblischen Text einzutauchen, hat mich vom ersten Moment an fasziniert und begeistert. Die Bibel fängt an zu leben, du und ich – wir sind mitten im Geschehen. Ich selbst lese sehr gerne Geschichten, aber ich erlebe sie auch gerne und suche immer wieder nach Möglichkeiten, wie ich sie möglichst kreativ erzählen kann. Der Bibliolog in diesem Lager hat mich überzeugt und ich wollte es selbst ausprobieren. Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit, dies zu erlernen. Ein paar Jahre später erfuhr ich, dass in der Heilsarmee ein Kurs angeboten wird, wo man diese Art des Bibellesens erlernen konnte. Somit packte ich diese Chance.

Ich durfte geistliche Wahrheiten in meinem eigenen Leben erleben, die ich vorher so noch nie gesehen hatte.

Anleitung zu einem anderen Bibellesen

Vier Tage war ich nun herausgefordert, zwischen den Zeilen der Bibel zu lesen. Mich fesselten die Menschen und die Gegenstände, ich tauchte in Landschaften und Kulturen der Bibel ein. Ich durfte geistliche Wahrheiten in meinem eigenen Leben erleben, die ich vorher so noch nie gesehen hatte. Die Geschichten wurden lebendig und forderten mich heraus, neu über mein Leben mit Gott nachzudenken. Ich konnte an diesem Kurs so viel für mich selbst herausnehmen und durfte immer wieder staunen, lachen, nachdenken, zweifeln, fragen…

Die Bibel ist und bleibt auch heute ein lebendiges Buch.

Wie ein Bibliolog funktioniert

Ich lade die Teilnehmenden ein, sich in einen Kreis zu setzen, und dann machen wir zusammen eine Reise in die Zeit der Bibel. Wir tauchen in eine bestimmte Geschichte ein und fangen an zu hören, zu riechen, zu sehen, wie es dort wohl zu und her gegangen ist. Ich führe auf diese erzählende Weise in die Geschichte ein. Das ist der erste Teil. Ich lese dann einen Teil der Geschichte aus der Bibel vor.

Bei einer bestimmten Stelle in der Geschichte mache ich einen Stopp und teile den Teilnehmenden eine Rolle zu, in die sie nun schlüpfen sollen. Z. B. frage ich: «Du bist nun Petrus. Petrus, welcher erste Gedanke geht dir durch den Kopf, wenn Jesus dich das fragt?» Jetzt sind die Teilnehmenden eingeladen, den ersten Gedanken, den sie in dieser Situation hätten, zu formulieren und mitzuteilen. Dabei ist es ganz wichtig, dass alle von Anfang an wissen, dass es kein Richtig und kein Falsch gibt. Und dass alles wertvoll ist, was gesagt wird. Denn es geht um die eigenen Gedanken und Gefühle. Alle, die wollen, heben dann die Hand und ich stelle mich zu ihnen hin und sie dürfen laut aussprechen, welche Gedanken sie haben. Danach wiederhole ich die Aussage, um ihren Wert zu unterstreichen. So darf jeder seine Gefühle und Gedanken in Worte fassen, egal wie unterschiedlich und ausgefallen sie sind. Nachher lese ich in der Geschichte weiter bis zu einer nächsten Situation und befrage wieder eine Person oder einen Gegenstand. Ich wähle im Vorfeld etwa vier bis sieben verschiedene Rollen aus, die im Verlauf des Bibliologs vorkommen.

Ganz neue Erkenntnisse

So fängt die Bibel an zu leben. Man ist mitten im Geschehen und erlebt, dass diese Geschichten etwas mit dem eigenen Alltag zu tun haben. Nicht Petrus muss sich der Welle stellen, sondern ich! Es ist nicht mehr der Zöllner Zachäus, der auf dem Baum das Geschehen beobachtet, sondern ich!

Wenn wir am Schluss angekommen sind, lese ich erneut die ganze bi­blische Geschichte in einem Stück durch, so dass die Teilnehmenden nochmal alles im Zusammenhang hören und vielleicht an der einen oder anderen Frage hängenbleiben. Danach «reisen» wir wieder zurück an den Ort, wo wir uns gerade befinden – in die Gegenwart. Manchmal erlaube ich mir, die Teilnehmenden erzählen zu lassen, was sie auf dieser Reise an Neuem erkannt und entdeckt haben und was ihnen am meisten geblieben ist. Besonders viel Freude macht mir, dass die meisten, ob bibelfest oder neu im Glauben, jung oder alt, Mann oder Frau, fast immer etwas zu erzählen haben. Viele kommen anschliessend zu mir und erzählen mir, dass sie eine neue Entdeckung machen durften. Und genau deshalb liebe ich Bibliolog. Man ist danach um eine Erfahrung reicher, der persönliche Horizont wurde erweitert. Es durfte gelacht werden, aber manchmal wird auch geweint. Wir staunen zusammen und denken nach, manch einer wird auch mal wütend … Weil es eben unsere Emotionen, Gefühle und Gedanken anspricht.

Man ist danach um eine Erfahrung reicher, der persönliche Horizont wurde erweitert.

Mein persönliches Aha-Erlebnis

Ich durfte ein für mich grosses Aha-Erlebnis machen. In der Vorbereitung zur Geschichte von der Stillung des Sturmes befragte ich die Welle des Sees, was es mit ihr macht, wenn sie so eine grosse Macht über Petrus hat, dass er sogar sinkt. In diesem Moment begriff ich das erste Mal richtig, was es bedeutet, wenn ich dieser Welle in meinen Leben Macht zuspreche – anstatt auf Jesus zu sehen, der doch vor mir steht und mir Seine Hand entgegenstreckt. Diese Frage forderte mich im Umgang mit meinen Problemen recht heraus: Gebe ich den Problemen in meinem eigenen Leben so viel Macht, dass es mich runterzieht? Oder sehe ich auf diesen Jesus, der dasteht und mich halten möchte?

Vielleicht bist du jetzt auch interessiert, die Bibel und ihre spannenden Geschichten neu zu entdecken und zu erleben?

Neugierig geworden?

Ich biete im Raum Emmental immer wieder Bibliologe an. Bibliolog begeistert mich und ich freue mich sehr, wenn ich immer wieder mit anderen Menschen Neues entdecken darf. Ich kann den gleichen Bibliolog mit einem ganz anderen Publikum durchführen und es sind zwei ganz verschiedene Bibliologe. Gerade weil alle ihre eigene Geschichte in die biblischen Geschichten mit einbringen – und genau das macht es so spannend. Gott schreibt ja mit jedem auch eine eigene Geschichte durch Sein Wort, die Bibel.

Durch diese neue Art des Bibellesens kann Gott deinen Horizont erweitern, auch wenn du schon jahrzehntelang mit Jesus und der Bibel unterwegs bist. Gott ist ein kreativer Gott, die Bibel ein sehr lebendiges Buch. Manchmal nutzt Gott solche kreativen Zugänge zu diesem alten Buch, um Menschen von innen heraus zu verändern.

Monika Weidmann, *1979, aufgewachsen in der Ostschweiz. Nach einer kauf­männischen Ausbildung einige Jahre in diesem Beruf tätig. 2005 bis 2008 Offiziers­ausbildung bei der Heilsarmee. Seit 2015 arbeitet sie mit ihrem Ehe­mann Markus im Korps Langnau (BE). monika.weidfrau@gmx.ch