Was tut Gott gegenwärtig in Europa?

Walter Diem

«God is moving in Europe», sagen einige: Gott bewegt etwas in Europa! Eine gewagte Aussage, wenn man an die Rückschläge denkt oder unter dem Eindruck steht, das Christentum wer­de ausgebremst. Trotzdem, diese Aussage ist auch richtig. Die Dominanz der «christlich» genannten Religion ist zwar am Schwinden, aber das war für Gott noch nie ein Problem zu wirken. Dieser Bericht soll eine kleine Spurensuche sein. Gott handelt, oft nicht auf der prominenten Hauptbühne, aber hinter den Kulissen.

Gottes Geist wirkt in Europa!

Dieser Artikel ist natürlich nur eine Momentaufnahme, eine Zusammenfassung dessen, was Freunde in meinem Umfeld wahrnehmen. Die meisten von ihnen arbeiten in Leitungspositionen für europäische Dienste und Werke in verschiedenen Ländern.

Gottes Wirken auf diesem Kontinent scheint sich nicht systematisch zu ereignen. Man kann es eher mit einem dynamischen Ökosystem vergleichen. Gottes Geist ist am Werk ! Er braucht dazu auch Menschen, ihr Denken und ihre Strategien, ihr Wollen und Können. Aber Menschen haben nicht die Kontrolle über Sein Handeln.

Menschen haben nicht die Kontrolle über Gottes Handeln.

Gegensätze in Europa

Europa ist kein einheitliches Gebilde. Man könnte versucht sein, es als ein Sammelsurium von Verschiedenheiten zu beschreiben. Diese «Gegensätze» sind vielschichtig: sprachlich, wirtschaftlich, religiös, oder wie sich die einzelnen Nationen organisieren wollen. Einige Europäer sehen diese Gegensätze als Problem, andere als Vielfalt und gegenseitige Befruchtung.

Geistlich gesehen waren noch nie so viele Menschen vom Christentum enttäuscht. Davon sind auch evangelikale Gemeinden nicht ausgeschlossen. Und trotzdem ist die Mehrzahl unserer Nachbarn auf der Suche nach Spiritualität. In Frankreich zum Beispiel bejahen über 50 Prozent der Bewohner die Aussage «Ich bin auf der Suche nach Spiritualität (geistlicher Realität)». In der Altersgruppe der 26- bis 34-Jährigen wird diese Aussage sogar von 62 Prozent bestätigt.

Die Mehrzahl der Bewohner unserer Nachbar­länder ist auf der Suche nach Spiritualität.

Politisch und kulturell gesehen hält sich fast jedes Land für einzigartig (und meistens auch für das Beste von allen …). Nationalistische Gesinnungen haben Konjunktur. Die Migrations-Bewegungen tragen zu einem schmerzhaften Gefühl angesichts der bestehenden Gegensätze bei.

Gott hat ihre Feindschaft beendet

Was tut Gott in dieser Zerrissenheit? Gott braucht für Sein Wirken häufig Aussenseiter – wie so oft in der Bibel und in der Kirchengeschichte: Migranten tragen dazu bei, enttäuschten Europäern den lebendigen Glauben verständlich zu machen. Migranten, die ehemals einer anderen Religion angehörten und Jesus entdeckt haben, sind für manche dem Glauben fernstehende Menschen glaubwürdiger als einheimische Christen. Das beobachtet man in vielen Ländern. Vor allem in Deutschland wird es wiederholt als ein Trend angesehen.

Allerdings ganz ohne Einheimische, die das Evangelium glaubwürdig ausleben, geht es natürlich nicht. Erfolgreiche Gründungsteams verstehen die aktuelle Kultur ihres Quartiers oder Region und gehen auf sie ein. Das wird von fast allen Gemeinde-Gründungsteams berichtet. Reine Migrationsgemeinden überleben selten mehr als eine Generation, oft auch nur ein paar wenige Jahre. Aber wachsende Gemeinden und gelingende Neugründungen sind sehr oft multikulturell. Durch den Heiligen Geist gewirkte gegenseitige Ergänzung ist ein Schlüssel zu den Herzen der Menschen.

Durch den Heiligen Geist gewirkte gegenseitige Ergänzung ist ein Schlüssel zu den Herzen der Menschen.

In Deutschland haben immer mehr Gemeindeverbände begonnen, Mentoren für Missionare mit Migrations-Hintergrund bereitzustellen. So fördern sie Migranten, die Europäern helfen, Chris­tus zu entdecken.

In der Schweiz haben sich im November 2024 zweihundert junge Menschen mit Migrations-Hintergrund be­wusst segnen und «senden» lassen, um ihre Mitmenschen (Schweizer und Migranten) mit dem Evangelium zu erreichen. Das bedeutet noch nicht, dass alle Schwierigkeiten im Umgang mit Gegensätzen überwunden wären oder dass sich Bekehrungen überall häuften, aber es tut sich was: Gott wirkt mit Gegensätzen! Gott versöhnt! Gott lässt sich entdecken!

Junge Menschen, neue Zugänge

Von Italien bis in die Niederlande, von Frankreich bis nach Tschechien – und wahrscheinlich darüber hinaus – erzählen Leiter von einem neuen Erwachen. Das betrifft zunächst die jungen Christen. Eine neue Natürlichkeit im Erzählen vom eigenen Leben mit Gott verbreitet sich. Es scheint, dass an die Stelle des Streitgesprächs eine frische, freie, wertschätzende Mitteilungsfreude getreten ist. Junge Menschen sind sich gewohnt, einen freundschaftlichen, kollegialen Umgang mit Leuten aus verschiedenen Weltanschauungen zu haben. Sie teilen ihr Leben, verbringen Zeit miteinander, scheuen sich nicht, ihre eigenen Schwächen einzugestehen – kurz : sie sind spürbar echt. In diesem Kontext ist es ganz normal, von seinem Glauben zu erzählen. Junge Christen beherrschen die aktuelle Sprache. Der Glaube wird mit Worten ausgedrückt, die für Nicht-Christen verständlich und nachvollziehbar sind. Stylische Kleidungsstücke mit Aufdrucken, die zum Nachdenken über Gott anregen, liegen in einigen Regionen im Trend.

Junge Menschen teilen ihr Leben, verbringen Zeit miteinander und scheuen sich nicht, ihre eigenen Schwächen einzu­gestehen – kurz: sie sind spürbar echt.

Junge Menschen – oft auch ältere – wollen selbst entdecken, was wahr ist. Vorgefertigte Dogmen und fest­gefahrene Ideen machen sie vorsichtig. Verschiedene Leiter sprechen davon, dass Bibellesen wieder normal wird – insbesondere Bibellesen zusammen mit Menschen, die noch keine Christen sind. Menschen, die auf der Suche sind, möchten sich selbst ein Bild machen und auf ehrliche Fragen ehrliche Antworten bekommen. Eine wesentliche Rolle dabei spielt, wie die Bibel durch das Alltagsleben der Gläubigen illustriert wird.

Gott ist den Verlorenen nah ! Gott spricht die Sprache der Menschen – heute !

Dank ! Wir danken Gott für ein geistlichen Erwachen unter jungen Menschen und für geistliche Impulse durch Christen mit Migrations-Hintergrund.
Fürbitte: Wir beten um ein kräftiges Wirken des Geistes Gottes auf dem stark herausgeforderten Kontinent Europa.
Aufmerksam sein: Wo beobachte ich im persönlichen Umfeld oder in christlichen Nachrichten etwas von Gottes Wirken in der Schweiz?
Walter Diem, Mitglied Fokus Schweiz, pensionierter Mitarbeiter SIM International und Leiter Assessment von M4Schweiz