Sozialdiakon Ralph Rupf Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone nehmen soziale und animatorische Aufgaben wahr. Sie gestalten Angebote für verschiedene Bedürfnisse und bringen so die unterschiedlichen Menschen einer Kirchgemeinde zusammen.

Ralf Rupf ist seit sechs Jahren in der Kirchgemeinde Sargans als Sozialdiakon tätig. Im Portrait gibt er einen Einblick in seinen Arbeitsalltag – und nimmt uns mit in den Mitmach-Gottesdienst "amPuls".

Aufgaben eines Sozialdiakons

Die Bedürfnisse einer Gemeinde zu erspüren und entsprechende Angebote auszugestalten, so formuliert Sozialdiakon Rupf den Auftrag seiner Berufsgruppe. Was das konkret heisst, wird am Beispiel der eigenen Kirchgemeinde wunderbar sichtbar: Als Rupf die Stelle in Sargans antrat, konnte man von einem Spezialgottesdienst und dazugehöriger Musikgruppe erst träumen. Inzwischen sind beide Formate gut etabliert und füllen ungefähr einen Fünftel seiner Arbeitswoche. Am zeitintensivsten ist der Religionsunterricht, den Rupf über alle Stufen erteilt. Dazu gehören die sogenannten Erlebnisprogramme für Jugendliche in der 1. und 2. Oberstufe, aber auch unregelmässige Aufgaben wie die Teilnahme beziehungsweise Leitung von Lagern wie dem Refresh-Camp. Darüber hinaus hat es sich Rupf zur Aufgabe gemacht, die Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur und die Digitalisierung der Kirchgemeinde voranzutreiben. Ganz im Sinne von: Bedürfnisse erkennen und danach handeln.

Sozialdiakonische Arbeit findet im Idealfall für alle Altersgruppen und alle sozialen Schichten einer Gesellschaft statt. In der Realität, so Rupf, nimmt in einer eher ländlichen Kirchgemeinde, wie Sargans eine ist, die Familien-, Kinder- und Jugendarbeit am meisten Raum ein. Zum "eigentlichen Berufsbild" jedoch, erklärt er weiter, gehöre je nach Umfeld auch die Auseinandersetzung und Hilfestellung bei Themen wie Sucht oder Schulden.

Es ist eine Arbeit, die man aus Überzeugung machen muss; es ist nie nur ein Job. Die Leute merken, ob 'der da vorne' lebt, was er erzählt.

Über grosse Freiheiten...

"Ich geniesse eine grosse Selbstständigkeit, die Kirchenvorsteherschaft bringt mir sehr viel Vertrauen entgegen", so Rupf. Das sei nicht selbstverständlich. Gerade bei der Lancierung von neuen Projekten ist meist auch viel Geld im Spiel, und nicht immer wird aus einer guten Idee ein langanhaltender Erfolg.

...und kleine Herausforderungen im Joballtag

"Immer wieder neu die Begeisterung aufzubringen, die nötig ist, um etwas Neues zu entwickeln, kann eine echte Herausforderung sein. Gerade im Religionsunterricht bin ich oft mit der Erwartung konfrontiert, mein Angebot müsse unterhaltsam und tiefsinnig zugleich sein. Da entgegne ich: Von Deutsch und Mathe erwartet niemand, dass die Fächer Spass machen. Und im Religionsunterricht geht es manchmal eben auch einfach darum, Lernstoff zu vermitteln."

Ganz nah dran: amPuls

Das Feiern eines Gottesdiensts und das Feiern der Gemeinschaft fliesst im Spezialgottesdienst "amPuls" aufs Schönste ineinander. Ein Anlass, der auch Leute anlockt, die sonst nicht in der Kirche anzutreffen sind, begleitet von Musik, abgerundet vom geselligen Ausklang beim gemeinsamen Essen.

Joy to the World Bereits eine gute Stunde vor Gottesdienstbeginn herrscht Hochbetrieb im Saal; die freudige Anspannung ist im ganzen Vorbereitungsteam zu spüren. Während die einen den Imbiss vorbereiten, der nach der Feier im Nebenraum für alle bereitsteht, konzentriert sich die Band auf den Soundcheck. Hallo Hallo, eins zwei drei – es ist der zweite Adventssonntag, der Raum ist weihnachtlich dekoriert, Rupf schaut zugleich hier und da und überall nach dem Rechten.
Besinnung Kurz vor Beginn der Feier versammelt Rupf sein Team im Kreis, insgesamt vierzehn Leute. "Nehmen wir uns noch einmal einen Moment zum Durchatmen", sagt er, und spricht ein kleines Gebet. "Segne die Menschen, die heute kommen. Mach, dass sie etwas mitnehmen können." Nach Rupf sprechen drei weitere Leute aus dem Kreis, "danke für alle, die kommen werden. Ich freue mich!" Daraufhin verabschiedet das Team einen Kollegen, der an diesem Abend das letzte Mal dabei ist. Die gewählten Worte sind äusserst herzlich, die gegenseitige Wertschätzung greifbar.
Begeisterung amPuls ist beliebt und wird in der Regel sehr gut besucht. «Der Gottesdienst lebt von der Atmosphäre; es geht darum, etwas aufzunehmen von Glauben, Hoffnung, Liebe», so Rupf. Ein Konzept, das in allen Altersklassen auf Anklang stösst; die Bänke werden von Jugendlichen und Familien, wie auch von Seniorinnen und Senioren besetzt.

Predigen

"...und ich stelle mir das vor, hier Engel und Herrlichkeit, und hundert Meter weiter drüben pinkelt ein Schaf ins Gras. Gott liebt das Normale. Und ich finde das cool. Ich probiere, das mal in die Gegenwart zu holen: Hallo Welt, sagt Gott. Da bin ich. Hallo, ihr vielleicht frisch Geschiedenen, die ihr euch als Versager fühlt. Hallo, ihr Teenager, die ihr nicht wisst, wohin mit eurem Leben; Hallo ihr Süchtigen, ich bin da; Hallo ihr Frauen, die man an so vielen Orten auf der Welt für dumm verkauft..."

So ungefähr klingt es, wenn Rupf laut über die Weihnachtsgeschichte nachdenkt, und darüber, wie wir uns heutzutage von ihrer Botschaft angesprochen fühlen können.

Ich beobachte die Gemeinde, schaue, worauf die Leute anspringen. Und dann probiere ich, etwas zu lancieren, das auf Nachfrage trifft. Was ich mache, muss natürlich vom theologisch-diakonischen Standpunkt her überzeugen – aber das reicht nicht. Ich muss es auch schaffen, meine Zielgruppe zum Teilnehmen zu bewegen.

Singen und loben

"Ich wusste, wenn wir nicht mit Qualität reingehen, haben wir keine Chance, etwas zu etablieren", so Rupf über die Anfänge seiner Kirchen-Band. Er selbst hat als Jugendlicher einige Zeit lang Gitarrenunterricht genommen und ist seither autodidaktisch unterwegs. Seine Frau, ebenfalls ausgebildete Sozialdiakonin und im Moment in der Kirchgemeinde als Fachlehrperson Religion tätig, ist ebenfalls fester Bestandteil der Band. "Sie ist sehr musikalisch und trägt auch immer wieder Eigenkompositionen bei. Aber noch wichtiger war, dass ich von Anfang an wusste, dass wir miteinander funktionieren würden. Das war eine gute Grundlage." Eine Grundlage, die nach und nach mit einem professionellen Schlagzeuger und einer professionellen Sängerin sowie von einer Handvoll Laien auf Topniveau ergänzt wurde.

Die Auswahl der amPuls-Songs ist eine stetige Herausforderung: "Die Leute sollen bei möglichst vielen Liedern mitsingen können, wir wollen in der evangelisch-reformierten Gesangbuch-Tradition feiern und trotzdem auch nach Pop-Rock klingen." Die Lösung kommt oft in Gestalt von Eigenkompositionen, Klassiker in neuer Version, gerade im Repertoire ist ‘Grosser Gott wir loben dich’.

Gemeinschaft nach dem Gottesdienst: Beim Essen...
... oder an der Bar.
Am meisten Freude macht mir mein Job, wenn ich spüre: Es kommt etwas an; es entsteht etwas Neues. Zum Glück gibt es immer wieder Momente, in denen die Leute sich motivieren lassen, oder Projekte, die in guter Teamarbeit entstehen. Anstrengend wird es dagegen dann, wenn man das Gefühl hat, den 'Karren' allein ziehen zu müssen.

Tüfteln und pröbeln

Bei Fragen zu Informatik und Elektrotechnik wendet man sich in Sargans am besten an Rupf. Er war die treibende Kraft, als es darum ging, die digitale Infrastruktur der Kirchgemeinde aufzurüsten, und er hat auch geholfen, einen Livestream für Gottesdienste einzurichten. Für die Kirchgemeinde ist sein technisches Händchen ein schöner Trumpf, für ihn selbst bedeuten die Aufgaben rund um IT eine Art Insel im Alltag. «Ab und zu», lacht er, «ist es ganz schön, eine kleine Auszeit von den Kindern und Jugendlichen zu haben!» Hier bringt Rupf sein ursrpüngliches Berufswissen ein.

Sozialdiakon werden

Nach einer Kaufmännischen Lehre und zwei Jahren als PC-Supporter und Systembetreuer sah Rupf zwei Möglichkeiten, wie es karrieretechnisch weitergehen könnte: Entweder Informatik studieren oder aber das Hobby zum Beruf machen. Bis dahin hatte er nämlich schon manche Jahre als Freiwilliger in der Jugendarbeit mitgewirkt, inklusive Kirchenmusik-Band. Ausserdem war da noch die Erinnerung an den Religionslehrer, der ihm mit seinem persönlichen Zugang zu Glaubensfragen bereits in der Oberstufe grossen Eindruck gemacht hatte… Um sich seiner Sache sicher zu werden, nahm sich der KVler erstmal eine Auszeit vom Job und absolvierte bei der Organisation "Jugend mit einer Mission" eine Kurzzeit Bibelschule mit praktischem Einsatz im Ausland. Daraufhin war die Entscheidung klar: "Ich wusste, ich will einen Kirchenjob!"

Die Ausbildung an der höheren Fachschule am TDS Aarau war genau nach Rupfs Geschmack, intellektuell herausfordernd statt dogmatisch; selber denken (und zweifeln) war nicht nur erlaubt, sondern explizit gewünscht.

Fotos: Daniel Ammann, Text: Julia Sutter