Parteien sind korrupt, dysfunktional und auch nicht demokraktisch. Viele denken so. Von Parteien versprechen sie sich nichts mehr. Damit steht unser politisches System in Frage. Verzweifelt bemühen Parteien sich, ihren Verfassungsauftrag zu erfüllen: Willensbildung von unten nach oben. Unten ist der Ortsverein. Hier ist unten also oben. Draußen die Krisen - drinnen der verfassungsmäßige Weg damit umzugehen. Klimawandel, Putin und die Nazis ... und ach: der Kapitalismus!
Artikel 21 GG sagt „Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit“. Und das Orgastatut der SPD sagt mit § 8 „In dieser Gliederung vollzieht sich die politische Willensbildung der Partei von unten nach oben“. Dieser eindeutigen Regelung folgen die Menschen in den Ortsvereinen. Sie mischen sich ein. Sie kleben Plakate und verbringen viel Freizeit, meist nach Feierabend, mit Kommunalpolitik ohne Lohn und Dank. Ganz im Gegenteil: An ihren Infoständen und im „Netz“ schlagen ihnen Undankbarkeit und Wut entgegen. Warum tun sie sich das an?
Der Autor hat es so erlebt. Im Ortsverein – so glaubt man – trifft man Menschen, die wissen, wie man „etwas bewegt und anpackt“. Aber man sieht sich mit starren Ritualen, vorgegebenen Meinungen, Geschäftsordnungen und Satzungen konfrontiert, mit Rednerlisten und Ladungsfristen, sterilen Räumen und kaltem Licht. Das ganze System scheint so designt zu sein, dass es Kreativität tötet. Doch wer sich für eine Welt nach menschlichem Maß, für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen einsetzen will oder auch nur einen neuen Zebrastreifen: Die oder der muss den Weg gehen, den unser Grundgesetz vorgesehen hat. Wer sich vom ersten Eindruck im Ortsverein nicht abschrecken lässt, der oder dem erschließt sich nach und nach das Funktionieren unserer Gesellschaft. Macht und Ohnmacht werden greifbar und angreifbar.
Kritisch und schonungslos
„UNTEN“ zerstört in Windeseile das Klischee von der SPD als Verein alter, weißer Männer. Die Diversität sieht man am besten bei den Jusos. Sie werden „Junge Menschen in die Parlamente bringen!“. Wir erleben, wie eine migrantisch und divers geprägte Generation sich in die Politik einmischt. Eine Hoffnung für die Demokratie?
Dem Filmemacher Jan-Christoph Schultchen gelingt es mit seiner Dokumentation, die auf den ersten Blick unattraktive Welt der Sitzungsäle und störrischen Motive der Lokalpolitik ohne Eingriffsmöglichkeit, noch dazu als Einpersonenteam, kinotauglich darzustellen
DIE FORM: Bevor gedreht werden konnte, verging ein Jahr mit Recherchen und vertrauensbildenden Maßnahmen. In der resultierenden intimen Darstellung zeigt der Film eindrucksvoll, wie auf der lokalen Ebene unsere Demokratie jeden Tag neu erkämpft wird, mit Erfolgen, Rückschlägen, Lachen, Weinen, oft frustrierendem Alltag – vor allem aber mit überwältigender Menschlichkeit und Akteuren, die mit aller Kraft versuchen, unsere Welt zu einem besseren Ort zu machen. Der Antwort auf die große Frage, ob unser demokratisches System den gesellschaftlichen Problemen gewachsen ist, kommt der Film dabei ein gutes Stück näher. Indem nämlich klar wird, was denn zu tun wäre: Sich einzumischen und der Komplexität zu stellen.
Impressum und Kontakt: Jan-Christoph Schultchen, Obere Bahnstrasse 20, 21465 Wentorf bei Hamburg, Fon: +4940-780 730 96 oder 0171-7807309, e-Mail moin(at)jan-schultchen.de, Webseite: www.jan-schultchen.de