Ich bin heute abhängiger von Gott FEG Persönlich Christoph Marti

Meine erste Begegnung mit Christoph Marti geht auf das Jahr 1998 zurück. Damals werde ich als Praktikant in der FEG Gwatt angestellt. Bedingung war, dass mich ein externer Pfarrer begleitet. Und so wird Christoph mein Coach. Ich schmunzle, dass mich ein blinder Pfarrer begleitet. Aber bald merke ich, wie tief seine Gedanken und sein Glaube sind. Wie er Pastor wurde und wie sein Leben bis heute von Schicksalsschlägen geprägt ist, erzählt er mir am Telefon.

Harry Pepelnar, arbeitet 30 Prozent und gerne für die FEG Kommunikation, pepelnar@gmail.com

Der Start in Wallisellen

Christoph wird 1956 in Wallisellen geboren. Schon wieder Wallisellen, denke ich, ich habe doch über Richard Moosheer geschrieben. Und tatsächlich, er wird noch eine Rolle spielen. Christophs Eltern geben ihm ein gutes Zuhause und stellen fest, dass mit ihrem Jüngsten etwas nicht stimmt. Die Diagnose ist hart: Er hat einen Tunnelblick und wird erblinden. Als Kind kann er noch etwas sehen. «Aber die Einschränkung war überall zu spüren, zum Beispiel beim Spielen mit anderen Kindern. Ich sah den Ball nicht kommen. Das war deprimierend.»

Jesus und die Randfigur

Christoph besucht die Regelschule und Richard Moosheer ist in seiner Klasse. Die beiden werden Freunde. Richard lädt seinen Schulfreund zur Kinderbibelstunde am Mittwochnachmittag ein. «Damals fühlte ich mich wie ein Aussenseiter. Aber dieser Jesus, der sich um die Randfiguren kümmert, der hat mich sehr angezogen.» Christoph bleibt bei Jesus und besucht den Bibelkreis. Dann kommt er zur Jugendgruppe, die sich in einem Luftschutzbunker trifft. «Ich konnte damals immer schlechter sehen. Aber mit Richard haben wir eine Band gegründet, Richard am Klavier und ich am Schlagzeug. Ich wurde voll akzeptiert. Das ist Inklusion, wenn ich als Blinder mitmachen kann.»

Matura und Blindenschrift

Mit 18 Jahren gibt er Sonntagsschule in der Landeskirche. «Niemand ist zu klein, um Gottes Mitarbeiter zu sein. Ich habe damals gelernt, dass Gott auch Menschen mit Einschränkungen braucht.» Für das Maturat muss er nun die Blindenschrift lernen, aber damit muss er sich erst noch anfreunden. Studieren will er, aber was? Psychologie oder Theologie. «Ich möchte Menschen helfen mit dem, was mir geholfen hat, und das ist der Glaube an Jesus.» Also studiert er Theologie an der STH Basel. «Für mich war das sehr anstrengend. Ich musste mir viel vorlesen lassen. Andere Studierende haben das auf Kassette aufgenommen. Es war eine sehr gute Atmosphäre.» Aber er ist sich bewusst, dass er noch mehr Disziplin aufbringen muss, wenn er seinen Abschluss machen will.

Christoph und die Liebe

Nach einer gescheiterten Beziehung beschliesst ein befreundetes Ehepaar, für ihn eine geeignete Frau zu suchen. So lernt er während seines Studiums Ruth kennen, und die Liebe wächst. Sie heiraten 1980, bald kommt das erste Kind. Drei Jahre später leidet Ruth unter starken Schmerzen. Krebs lautet die Diagnose, ein knappes Jahr später stirbt sie. «Der Tod meiner Frau war dramatischer als meine Erblindung. Das Ende war schrecklich.» Er ist Pastor, aber sein Glaubensbild gerät ins Wanken! «Das kann doch kein liebender Gott sein, der es zulässt, dass ich als Blinder meine Frau verliere und mit einem Kind allein zurückbleibe. Ich weiss, dass jeder etwas zu tragen hat, aber das geht zu weit.» Zwei Wochen später steht er wieder auf der Kanzel und predigt über Lebensmüdigkeit: «Ich habe beim Predigen viel aufarbeiten können. Aber noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich an dieses traumatische Erlebnis denke!»

Kampf und Abhängigkeit

Nach einem Jahr als Witwer lernt er Barbara kennen. Ein halbes Jahr später heiraten die beiden. Für beide ist es ein grosses Geschenk Gottes, wie die Liebe in so kurzer Zeit gewachsen ist und wie gut sie sich ergänzen. In verschiedenen FEG-Gemeinden dürfen sie einen wertvollen Dienst tun, von dem viele Menschen profitieren. Doch das Leiden nimmt kein Ende. Bei Christoph wird Prostatakrebs diagnostiziert. Als Christoph in den OP rollt, sagt er:

«Der Ohnmächtige rollt mit dem Allmächtigen ins Spital!»

Es ist eine Erlösung, als der Krebs geheilt werden kann. Zwei Jahre zuvor hat Barbara Brustkrebs, der ebenfalls geheilt wird. Später hat Barbara wieder einen schweren Krebs. Kontrolluntersuchungen bleiben notwendig. Beide ringen mit Gott und machen tiefe Glaubenserfahrungen. Sie schreien zu Gott und bitten ihn um Hilfe. Ihr Glaube verändert sich. «Wir glauben immer noch an Gott. Wir wissen jetzt, dass auf Erden nicht alles gut wird, weil es auf dieser Welt nicht immer gerecht zugeht. Unsere eigene Glaubensstärke ist nicht gewachsen, aber unsere Abhängigkeit von einem vertrauenswürdigen Gott. Unser Reichtum liegt in der Erfahrung seiner Treue.»

Wer mehr über Christoph und Barbara

erfahren möchte, dem empfehle ich den

ausführlichen Talk vom November 2024 in der FEG Rheinfelden, der von Reini Dan­necker hervorragend moderiert wur­de: