Jüdische Grabmale Christliche Bildhauer Bildhauer aus Schmie und Ihre Grabmale auf jüdischen Friedhöfen im benachbarten Kraichgau

In den Dörfern und Städten des Kraichgaus lebte seit Jahrhunderten eine jüdische Bevölkerung. Im 19. Jahrhundert war Bruchsal ein Zentrum jüdischen Lebens. Zeitweise waren fast 6 % der Einwohner Bruchsals jüdisch. Um 1885 lebten etwa 750 Juden in der Stadt. Die Bedeutung Bruchsals zeigt sich auch darin, dass nicht nur 1881 eine neue Synagoge eingeweiht, sondern auch 1879 - als Teil des städtischen Friedhofs - ein eigener jüdischer Friedhof eingerichtet worden war. Zuvor wurden die Toten aus Bruchsal auf dem jüdischen Verbandsfriedhof in Obergrombach bestattet.

Auf der Karte ist deutlich erkennbar, dass es im Kraichgau eine Vielzahl jüdischer Friedhöfe gibt. Aus: entwurf. Religionspädagogische Mitteilungen 2/85.

Schmie war zu dieser Zeit ein Steinhauerdorf mit Steinbrüchen und Bildhauerwerkstätten. Steine aus Schmie waren ein begehrter Werkstoff für das Baugewerbe, für Denkmäler oder Grabmale. Viele Zeugnisse dieser Zeit existieren nicht mehr. Da im Judentum Gräber ewig bestehen bleiben, findet man heute noch auf jüdischen Friedhöfen im Kraichgau Grabsteine, die von Bildhauern aus Schmie geschaffen wurden. So stehen auf dem jüdischen Friedhof in Bruchsal Grabmale des Bildhauers Andreas Metzger (1829 – 1905) aus Schmie.

Grabmal von Louis Oppenheimer (1831 - 1907) und dessen Frau Bertha Oppenheimer, geb. Bär (1839 - 1883)

Louis Oppenheimer stammt aus Michelfeld im Kraichgau. Die Familie hatte dort eine Wolltuchfabrik. In Bruchsal baut Louis Oppenheimer eine erfolgreiche Tuchgroßhandelsfirma auf. Die Familie Oppenheimer ist darüberhinaus bekannt für ihr bürgerliches und soziales Engagement.

Der Sohn, Otto Oppenheimer, musste in der Zeit des Nationalsozialismus die Firma aufgeben. Die Familie musste emigrieren.

Heute erinnern in Bruchsal der Otto-Oppenheimer-Platz mit dem Denkmal " Das Narrenschiff" an die Familie Oppenheimer.

Hebräische Inschrift auf dem Grabmal von Louis Oppenheimer; er wird mit seinem hebräischen Namen genannt: Eliezer
Detail auf dem Grabmal von Bertha Oppenheimer: eine Weintraube als Symbol für ein gesegnetes Leben.
Signatur des Bildhauers auf dem Grabmal von Bertha Oppenheimer: A. Metzger in Schmie bei Maulbronn
Grabmal für den Hauptlehrer Samuel Rosenfeld und seine Frau Rahel, geb. Levisohn
Noch deutlich ist die Signatur des Bildhauers zu lesen: A. Metzger in Schmie bei Maulbronn.
Die deutsche und die hebräische Inschrift auf dem Grabmal von Samuel Rosenfeld drücken jeweils ein Lob für den Verstorbenen aus.

Mit dem Bibelzitat (Jesaja 58,7) wird der Verstorbene für sein soziales Verhalten gelobt.

Die hebräische Inschrift beginnt mit einem Bibelzitat, das den biblischen Propheten Samuel erwähnt. Es nimmt damit Bezug zum Namen des Verstorbenen und lobt dessen religiöses Verhalten: „Und Samuel war ein Diener vor dem Herrn“ (1. Samuel 2,18).

Kindergrab mit kunstvollen Ranken als Mittelakroter. Der Grabstein trägt keine jüdische Inschrift. Auf dem Sockel ist noch die Signatur des Bildhauers zu erkennen: ... in Schmie .... Maulbronn

Nachdem seine Frau 1889 verstorben war, heiratete Andreas Metzger 1892 nochmals und zog zusammen mit seiner Frau und seinem jüngsten Sohn Gotthilf (1880 – 1922) nach Bruchsal und gründete dort einen Bildhauerbetrieb. Ab jetzt fehlt bei der Signierung auf den Grabsteinen der Zusatz "in Schmie bei Maulbronn“.

Grabmal des Leopold Scheurer, gestorben 1892.

Leopold Scheurer war Hauptlehrer an der jüdischen Volksschule in Heidelsheim. Als Lehrer an der jüdischen Volksschule verdiente er weniger als ein entsprechender Lehrer an der deutschen Schule. Die Kinder von Leopold Scheurer sind wegen der Armut der Familie nach Amerika ausgewandert.

Grabmale von Seligman Veis (verstorben 1899) und Johanna Veis (verstorben 1892), jeweils mit hebräischer und deutscher Inschrift. Auf dem Grabmal von Johanna Veis wird auf dem Sockel A. Metzger als Bildhauer angegeben.
Grabmal von Leopold Lichter, gestorben 1900

Leopold Lichter war Mitinhaber der „Badisch-Württembergischen Weinbrennerei Hirsch & Lichter oHG“/Bruchsal.

Sockel des Grabmals von Leopold Lichter; Bildhauer: A. Metzger
Detail (Kapitell mit floralem Schmuck an den Ecksäulen) auf dem Grabmal von Rosalie Lichter
Grabmal des Max Löwenstein, gestorben 1888

Max Löwenstein ist der bürgerliche Name von Mordechai, Sohn des Jeschajahu haLevi, wie der jüdische Name auf der hebräischen Inschrift lautet.

Beim Namen Mordechai ist bei der Übertragung der hebräischen Schrift ein Übertragungsfehler passiert. Aus dem Anfangsbuchstaben wurden zwei andere Buchstaben.

Das Symbol der „Kanne“ steht für jemanden, der dem jüdischen Stamm der Leviten angehört. Die Leviten waren die Tempeldiener am ehemaligen Tempel in Jerusalem. Der Vater des Verstorbenen trägt den Namen haLevi.
Grabmal des Heinrich Marx, Hauptlehrer, gest. 1902
Deutlich ist am Sockel die Signatur des Bildhauers zu erkennen.

Andreas Metzger starb 1905; sein Sohn Gotthilf Metzger (1880 - 1922) führte in Bruchsal den Bildhauerbetrieb weiter. Auch von ihm finden sich Grabmale auf dem jüdischen Friedhof in Bruchsal. Granit wird gegenüber dem Sandstein immer beliebter. Die Grabmäler sind jetzt auch zunehmend vom Jugendstil beeinflusst.

Grabmal für Cilli Carlebach, 1892 - 1912, (links) und Bertha Levy, 1870 -1909, geb. Bär (rechts)
Details verschiedener Grabmale
Monumentales Grabmal von Louis Marx (1845 - 1913) und seiner Frau Helene, geb. Nathan (1849 – 1926).

Louis Marx war Stadtrat in Bruchsal und Vorstand der jüdischen Gemeinde.

Die jüdische Inschrift beschränkt sich auf einen Satz im Fries unterhalb des rundbogigen Giebels - mit deutscher Übersetzung:

"Deiner Familie der beste Vater. Deiner Gemeinde der beste Berater."
Klassischer Aufbau einer hebräischen Inschrift am Beispiel des Grabmals von Moritz Maier/Mosche bar Meir Arieh

Eigentlich ist es ein Familiengrab. Das monumentale Grabmal für Abraham Münzesheimer, gestorben 1921, trägt aber nur eine Inschrift, die des verstorbenen Abraham Münzesheimer.

Die Witwe von Abraham Münzesheimer, Betty, muss 1939 ihr Haus und eine Lagerhalle verkaufen; sie zieht nach Frankfurt, wird von dort deportiert und kommt in Theresienstadt ums Leben. Ermordet werden auch zwei der drei Töchter der Familie. Die Familie Münzesheimer hatte in Bruchsal einen Landhandel.

Grab der Familie Metzger auf dem Friedhof in Bruchsal

Grabmal von Fanny Metzger, geb. Berberich.

1882 - 1946

Fanny, die Frau von Gotthilf Metzger, stammt aus einer jüdischen Familie aus Großkrotzenburg bei Hanau; sie konvertierte jedoch zum evangelischen Glauben.

Fanny Metzger lebte bis Oktober 1945 in Bruchsal, sie war erblindet und war auf Hilfe angewiesen. Mit der Frau, die sich um sie kümmerte, zog Fanny nach München; dort verstarb sie im März 1946 und wurde auf dem jüdischen Teil des Bruchsaler Friedhofs bestattet. Der Adoptivsohn Willy Metzger war ebenfalls Bildhauer in Bruchsal.

Insgesamt stehen auf dem jüdischen Friedhof in Bruchsal mindestens 35 Grabsteine, die von der Bildhauerfamilie Metzger gefertigt wurden

Auch Gottlob Metzger in Schmie, der Bruder von Gotthilf Metzger, war Bildhauer. Von ihm finden sich Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Jöhlingen (Walzbachtal).

Grabmale auf dem Jüdischen Friedhof in Jöhlingen (Walzbachtal) aus der Werkstatt von Gottlob Metzger in Schmie. Die Grabsteine aus Sandstein sind inzwischen stark verwittert und nicht mehr lesbar.

Auf dem jüdischen Friedhof in Jöhlingen steht das als kulturhistorisch wertvoll eingestufte Grabmal des Leopold Kahn. Auch dieser Stein stammt aus der Werkstatt des Bildhauers Gottlob Metzger in Schmie. Der Grabstein ist fast ganz mit Efeu überwuchert (Zustand März 2025).

Grabmal des Leopold Kahn, gestorben 1892

.Die segnenden Hände sind ein typisches Symbol für Angehörige der Priesterfamilien (der Familienname "Kahn" leitet sich vom hebräischen "Cohen" = Priester ab).

Ein Enkel des Leopold Kahn war der aus Bruchsal stammende und in Ulm lebende Maler Leo Kahn (1894 – 1983), der in den Jahren 1926 - 1928 die komplette Synagoge in Bruchsal ausgemalt hat. 1936 emigierte Leo Kahn mit seiner Familie nach Palästina/Israel.

Bildhauerwerkstatt von Gottlob Metzger in Schmie. Aus: Kleine Chronik von Schmie. Auf den Spuren der ‘starken‘ Männer des Steinhauerdorfes. Hrsg. Von Martin Ehlers im Auftrag der Stadt Maulbronn. Maulbronn 2003

Werbung auf dem Briefpapier von Gottlob Metzger (Stadtarchiv Maulbronn I/28; Beilage)

Auch auf dem jüdischen Friedhof in Bretten stehen Grabsteine von Bildhauern aus Schmie; einer von Andreas Metzger und einer von Christian Walter.

Grabsteine auf den jüdischen Friedhöfen in Obergrombach, Mingolsheim und Huttenheim (Philippsburg), bei denen Metzger als Bildhauer angegeben ist, wurden wohl von Bruchsal aus gefertigt.

ERSTELLT VON
Martin Walter