„Come in and be creative”
Kinder begeistern und Lehrkräfte inspirieren
Die großen, bunt bedruckten Schaufenster des Backsteingebäudes in der Zerrennerstraße fallen schon von Weitem auf und laden vorbeigehende Passantinnen und Passanten zu einem Besuch ein: „Take a look inside“ oder „Come in and be creative“ ist auf den Fensterscheiben zu lesen. Wer die lichtdurchfluteten Räume des Medienzentrums Pforzheim-Enzkreis dann betritt, findet sich in der weiten Welt der kreativen Medien wieder.
Links neben der Eingangstür leuchtet ein Podcast-Studio. Dahinter ragt ein Luft-Parcours für Drohnen sowie eine Robotikstation mit allen denkbaren Arten von Lernrobotern hervor.
Und überall laden kreative Medienprodukte zum Staunen ein: von kleinen Figuren aus dem 3D-Drucker über selbst gestaltete Medien-Collagen bis zu Mini-Riesenrädern aus Holz.
Wer durch die Werkstatt, das Filmstudio oder den Seminarraum des Medienzentrums läuft, den juckt es schnell in den Fingern, selbst einen „lesenden Geist“ im 3D-Druck zu erstellen, einen Trickfilm zu drehen oder einen Kugelschreiber zu drechseln.
Genau das möchten Karl-Heinz Nagel, Pädagogischer Leiter des Medienzentrums Pforzheim-Enzkreis, und sein Team auch erreichen:
Wir haben den Anspruch, Besucherinnen und Besuchern zu zeigen: Hier läuft doch etwas, hier sind junge Kids und tüfteln – hier kann ich als Lehrkraft einfach vorbeikommen und mich inspirieren lassen.
Neuer Standort
Vom Medienverleih zu innovativen Schulprojekten
Vor drei Jahren ist Nagel mit seinen Mitarbeitenden an den jetzigen Standort mitten im Zentrum von Pforzheim gezogen, unweit mehrerer Schulen und fußläufig vom Hauptbahnhof Pforzheim. Mit dem Umzug veränderte sich das Medienzentrum nicht nur räumlich, sondern auch konzeptuell. Früher lag der Fokus auf dem Verleih von haptischen Lernmedien und Technik vor Ort – von anfänglich 16-Milimeter-Filmen über Videokassetten und Tageslichtprojektoren bis zu DVDs und Beamern.
Heute setzt das Medienzentrum Pforzheim-Enzkreis schwerpunktmäßig auf „gelebte, innovative und kreative Schulprojekte“. Für die insgesamt 120 Schulen im Stadtkreis Pforzheim und im Landkreis Enzkreis veranstalten die Mitarbeitenden des Medienzentrums jährlich mehr als 100 pädagogische Workshops.
Daneben zählen Elternabende, Ferienkurse sowie Fortbildungen zum Angebot des Medienzentrums. An den Fortbildungen nahmen im letzten Jahr rund 300 Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte teil. Auch bei der Ausbildung angehender Lehrkräfte wirkt das Medienzentrum mit. Im Rahmen einer monatlichen Medienlounge können sich Lehrkräfte außerdem vor Ort über Medienbildungs-Themen austauschen, mit anderen vernetzen und kreativ werden.
Schuljahres-Highlight
Workshops zu Robotik, Making und Medienproduktion
Ich würde mich freuen, wenn wir es schaffen, einen positiven Druck an den Schulen zu erzeugen, beim Lernen moderner und zeitgemäßer zu werden – und wegzukommen von starren Unterrichtsformen. Und zwar durch die Erlebnisse der Kids hier vor Ort am Medienzentrum.
Karl-Heinz Nagels Begeisterung für „projektorientiertes, ganzheitliches Arbeiten“ stammt bereits aus seiner Zeit als Junglehrer im Fach Technik. Insgesamt 1.700 Kinder und Jugendliche nahmen im letzten Jahr an den diversen Workshops des Medienzentrums aus den Bereichen Robotik, Making und kreative Medienproduktion teil.
Ein Workshop kann beispielsweise so aussehen, dass die teilnehmenden Kinder selbst zwei Levels eines Games erstellen. In der Sporthalle wird eines der Spiele-Level nachgebaut und die Schülerinnen und Schüler können das Spiel dann selbst durchlaufen – gefilmt von einer Drohne in der Perspektive eines „Hollywood-Actionfilms“. Mit solchen Erlebnissen, die Medienbildung mit Innovation, Kreativität und Spaß verbinden, möchte Nagel den Besuch am Medienzentrum zum Schuljahres-Highlight machen: zu einem „Europapark-Tag“.
Neue Wege
Verwaltungsangestellte als „Lerncoaches“
Um die Vielzahl von Workshops am neuen Standort anbieten zu können, hat das Team in Pforzheim auch personell neue Wege eingeschlagen. Die Verwaltungsangestellten betreuen zwar weiterhin die SESAM-Mediathek mit Lernmedien und beraten Lehrkräfte hierzu. Auch verantworten sie das Mobile Device Management (MDM) an den 16 städtischen Grundschulen in Pforzheim und bieten hierfür technischen wie pädagogischen Support.
Mit Medienpädagogin Lisa Wendlberger kümmert sich neuerdings jedoch eine pädagogische Vollzeitkraft um die Schul-Workshops. Neu ist außerdem, dass die Verwaltungsmitarbeitenden als „Lerncoaches“ Workshops für Kinder und Jugendliche betreuen. Um sie hierfür zu qualifizieren, haben der Pädagogische Leiter und seine damalige Stellvertretung interne Mikrofortbildungen zu Themen wie 3D-Druck oder Konstruktion angeboten.
Verwaltungsmitarbeiterin Marisa Martin erinnert sich:
Ich war anfangs bei den Workshops von Karl-Heinz dabei und hab mir angeschaut, wie er diese umsetzt. In der ersten Zeit war natürlich ein bisschen Aufregung dabei, aber inzwischen bin ich in meiner Rolle gefestigt.
An seiner neuen Aufgabe schätzt Techniker Roger Strobel insbesondere, dass er „kreativ sein“ und sich „immer wieder etwas Neues ausdenken“ kann. Aktuell plant er zum Beispiel ein neues Projekt zur Gestaltung von Kerzenständern, das 3D-Druck, Drechseln und Löttechnik miteinander verbinden soll.
Dezentrale Schulen erreichen
mit FSJ digital und Makermobil
Personelle Unterstützung erhält das Medienzentrum seit mehr als einem Jahr auch durch das Pilotprojekt FSJ digital. Es ermöglicht jungen Menschen, ein Freiwilliges Soziales Jahr an einem der 38 regionalen Medienzentren in Baden-Württemberg oder am Z-Lab Bruchsal zu durchlaufen.
Das FSJ digital ist total gewinnbringend. Es bringt frischen Wind und ist eine zusätzliche Hilfe in allen Bereichen. Berin letztes Jahr und Leon dieses Jahr versuchen wir, entsprechend ihrer Stärken und Interessen als ‚Springer‘ einzusetzen.
In den Herbstferien öffnete das Medienzentrum sogar für den gesamten aktuellen Jahrgang des FSJ digital seine Tore. Im Rahmen einer Weiterbildungswoche („EduWeek“) qualifizierten sich die jungen Erwachsenen dort für den Umgang mit dem Makermobil: einem umgebauten Transporter, der als mobiler Makerspace fungiert. Insgesamt acht Makermobile sollen künftig MINT-Themen, modernste Technik, kreative Werkzeuge und erlebnisorientiertes Lernen direkt an die Schulen im Land bringen – ganz ohne eigene Ausstattung vor Ort und begleitet von den FSJlerinnen und FSJlern.
Für die Zukunft wünscht sich der Pädagogische Leiter, dass „das Erleben und kreative Soft Skills stärker im Mittelpunk des Lernens an Schulen“ stehen.
Dafür ist das Makermobil mit der Begleitung durch junge FSJlerinnen und FSJler wie gemacht, da sie junge Menschen aus ihrer Peergroup ganz anders begeistern, als ich es zum Beispiel könnte.
Im Makermobil sieht der Pädagogische Leiter außerdem die große Chance, dezentrale Schulen besser erreichen zu können. Doch damit auch Schulklassen in ländlichen Regionen Workshops direkt am Medienzentrum erleben können, fände Nagel es sinnvoll, wenn die Anreise von Schulklassen erstattungsfähig wäre. Denn was das Team am Medienzentrum Pforzheim-Enzkreis antreibt, ist das kreative Miteinander vor Ort in Form von Schulprojekten, die das Innovative mit dem Bildungsplan verbinden.
Reportage und Text: Madeleine Hankele-Gauß Fotos: Sascha Schmidt Video: Romy Göhner © Landesmedienzentrum Baden-Württemberg Impressum: https://www.lmz-bw.de/navigationen/impressum Datenschutz: https://www.lmz-bw.de/navigationen/datenschutz