Es muss nicht immer Skifahren sein! Das Tölzer Land lockt auch mit wunderbaren Winterwanderwegen und Kunstgenuss im Franz Marc Museum. Drei Experten verraten, wie man die südbayerische Region von ihrer besten Seite erlebt – ob mit oder ohne Schnee.
Eine Multimedia-Reportage von Simone Eber
Was für ein besonderer Ort! Mit Silke Lühr stehe ich auf der Kocheler Kohlleite und genieße den Blick auf den Kochelsee, den Ort Kochel und die sanfthügelige Berglandschaft. Ganz so, wie Franz Marc es tat, wenn er sich im Tölzer Land aufhielt.
So sind wir wie der Bub Franz, wenn er mit seinem Vater aus München kam, am Kocheler Bahnhof losgelaufen, vorbei am Gasthof Waltraud und an dem Wohnhaus, das der Maler als junger Mann 1906 für ein halbes Jahr bewohnte. Dann haben wir den Weg zur Kohlleite eingeschlagen.
1880 in München geboren, gilt Marc als einer der bedeutendsten Vertreter der expressionistischen Malerei in Deutschland. In und um Kochel fand er die Motive für seine ikonischen Bilder von Pferden, Kühen, Rehen und anderen Tieren, häufig eingebettet in eine bäuerliche Berglandschaft. Von der fühlte sich der Mitbegründer des Künstlerkollektivs Blauer Reiter so angezogen, dass er 1914 eine Villa in Ried bei Kochel erwarb.
Bewohnen konnte er sie jedoch nur kurz, denn er fiel 1916 im Ersten Weltkrieg. Von Verdun wurden seine sterblichen Überreste nach Kochel überführt. „Hier liegt er auf dem Friedhof begraben“, informiert Silke Lühr, die auch diese letzte Station im Leben des Malers auf ihrem Kunstspaziergang ansteuert.
Explosion der Farben im Franz Marc Museum
Nachdem ich so viel über die Biografie des Künstlers erfahren habe, will ich nun natürlich seine Werke in natura sehen. Dafür bietet das Franz Marc Museum in Kochel eine einmalige Gelegenheit. Hier lässt sich eindrücklich nachvollziehen, wie sich der Stil des Malers vom Gegenständlichen zum Abstrakten gewandelt hat.
Die Gemälde von Franz Marc versetzen den Betrachter in einen wahren Farbrausch und eignen sich bestens als Lichttherapie in der dunklen Jahreszeit. Und sie sprechen von seiner Liebe zu den Tieren. „Als einer der ersten Maler schrieb Marc ihnen Gefühle zu“, weiß Silke Lühr. Eine ausgelassen buckelnde Kuh oder Pferde mit melancholisch hängendem Kopf sind Zeugen dafür.
Beim Winterwandern empfiehlt sich der Zwiebellook
Am nächsten Morgen bin ich mit dem Bergführer Blasius Heiß an der Talstation der Brauneck Bergbahn in Lenggries verabredet. Bei strahlendem Sonnenschein und Minustemperaturen wollen wir eine Halbtagestour am Fuß des Brauneck machen.
Blasius weist mich auf ein paar Orientierungspunkte hin – den Waxenstein, die Demmelspitze, die Reiseralm –, dann senkt er den Blick wieder ins Tal. „Hier siehst du die Trahten, unsere typischen Bergheuwiesen unter dem Waldgürtel.“ An diesen weiten Wiesen entlang marschieren wir auf dem knirschenden Schnee Richtung Wegscheid.
„Insgesamt haben wir gut 40 Kilometer Loipen“, erzählt mir Blasius. "Man kann auch Schneeschuh wandern, an der Isar spazieren gehen oder zur Staffelalm aufsteigen“, beschreibt er ein paar der vielfältigen Möglichkeiten. Inzwischen ist es etwas milder geworden und wir profitieren von unserem Zwiebellook. Auf einer idyllischen Waldlichtung packen wir die Brotzeit aus und schlürfen Tee aus unseren Thermoskannen. Von unserer Bank aus genießen wir die Stille und Weite der Natur. Dann laufen wir weiter bis zum Eingang des Schwarzenbachtals. Am Wendepunkt der Tour bietet sich noch mal ein besonders schöner Blick: Wir schauen auf das Isartal und die Lenggrieser Ortseite mit der Denkalm, dem Geierstein, dem Seekar und dem Schönberg.
Skifahrer am Brauneck sollten lieber früh aufstehen
Am nächsten Tag – es ist wieder strahlend sonnig, aber deutlich wärmer – will ich es noch mal wissen. Die Skihänge sahen gestern so verlockend aus! Blasius hatte mich gewarnt: „Du musst früh kommen, sonst wird der Schnee zu sulzig.“ Doch ich musste unbedingt noch einen Morgenspaziergang am wunderschönen Kochelseeufer beim Gasthof Kosterbräu in Schlehdorf machen.
Oben am Brauneck bekomme ich die Quittung: Der Schnee auf den Pisten ist pappig und bremst jeden Schwung. Ich lasse meinen Plan bald sausen und kehre zurück zur Bergstation. Hier hat spontan eine Mitarbeiterin der Brauneck Bergbahn Zeit, mir etwas über das Skigebiet zu erzählen.
Mit der Gondelbahn geht es hinauf aufs Brauneck.
Von der Bergstation des Skigebiets Brauneck hat man einen weiten Blick über die umliegende Bergwelt bis zu den Alpen.
Aussichtsreiche Alternative zum Skifahren: die große oder kleine Höhenrunde am Brauneck.
Urige Hütten am Pistenrand sind das Markenzeichen des Skigebiets.
Von der Terrasse des Panorama-Restaurants am Brauneck lassen sich häufig Paraglider beobachten.
Hier lassen sich auch typisch bayerische Schmankerl genießen.
Auf der Terrasse des Panorama-Restaurants haben es sich schon andere Skifahrer gemütlich gemacht und genießen ein deftiges Mittagessen bei herrlicher Sicht bis zu den Alpen. Ich tue es ihnen gleich und fahre dann auf der Garland- und Weltcup-Abfahrt zurück zur Talstation. Hier ist die Schneedecke im Vergleich zu den roten und blauen Pisten auf den sonnigen Berghängen noch fester, sodass es ein versöhnlicher Abschluss wird. Nächstes Mal werde ich früher kommen. Oder gleich in Wanderschuhen und von der Bergstation aus eine der beiden Höhenrunden gehen. Es muss nicht immer Skifahren sein...
Fotos und Videos: Simone Eber