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Leidenschaftliches gemeinsames Gebet

Dieter Bösser

Beten ist Reden mit Gott. Was sich so kurz ausdrücken lässt, ist allerdings alles andere als banal. Je bewusster uns ist, dass beim Beten sterbliche und unvollkommene Menschen mit dem Schöpfer des Himmels und der Erde kommunizieren, umso klarer wird, wie aussergewöhnlich das ist: Der ewige, allmächtige Gott sucht den liebevoll-vertrauten Umgang mit Seinen kleinen Geschöpfen. Das ist echt krass!

Keine Beziehung ohne Kommunikation

In jeder von Liebe geprägten Beziehung ist Kommunikation unverzichtbar. Abbruch der Kommunikation bedeutet im Prinzip das Ende der Beziehung. Menschen, die sich lieben, tauschen miteinander aus, was sie bewegt und was ihnen die jeweils andere Person bedeutet. Reden und Zuhören sind wichtig, um einander besser kennenzulernen und einander näher zu kommen.

Das gilt grundsätzlich auch für die Beziehung zum lebendigen Gott. Er kennt dich und mich besser, als wir uns selbst. Er weiss genau, was uns im Innersten bewegt, was uns antreibt, was uns ausbremst oder in eine bestimmte Richtung ablenkt. Aber wie gut kennen wir Ihn? Inwieweit haben wir erkannt, was Ihn bewegt und was Sein Handeln blockiert? Wie intensiv ist deine und meine Beziehung zum unsichtbaren Gott, der in Jesus Christus Mensch wurde und der Seinen Heiligen Geist in die Herzen derer ausgegossen hat, die Jesus nachfolgen?

Beten heisst nicht, Gott zu bestürmen

Leidenschaftlich beten kann man leicht so missverstehen, dass wir vor allem mit grosser Intensität auf Gott einreden. Aber je besser wir diesen Gott kennenlernen, umso deutlicher wird:

  • Wir müssen Ihn mit unseren Gebeten nicht über schwierige Situationen und Bedrohungen informieren, als wüsste Er nicht darum. Daher können wir die Anzahl unserer Worte spürbar reduzieren.
  • Wir müssen nicht versuchen, Ihn durch leidenschaftliche Worte zu motivieren oder zu manipulieren, damit Er endlich tut, was wir von Ihm wollen. Gott ist Liebe im Sinne von Agape (1. Johannes 4,16). Sein grosses Wohlwollen ist gewiss.
  • Wir können Gott einfach sagen, was uns in der Tiefe unseres Herzens bewegt. «Vertraut auf Ihn allezeit, ihr Leute! Schüttet euer Herz vor Ihm aus», heisst es in Psalm 62,9. Das sind alle unsere Wünsche und Bedürfnisse, dazu gehört auch das reumütige Eingestehen unseres Versagens. Und wir sollten nicht vergessen, unsere Dankbarkeit und unser Lob auszudrücken.
  • Damit unsere Beziehung zu Gott vertrauter wird, müssen wir lernen, auf Ihn zu hören – offen zu werden für Seine Impulse, die uns auf unterschiedliche Weise erreichen können. Und dann auf diese Impulse reagieren!
Sein grosses Wohlwollen ist gewiss.

Jesus sagt: «Wenn ihr betet, dann leiert nicht leere Worte herunter, wie es überall bei den Völkern üblich ist. Die Menschen anderer Nationen glauben, dass sie deshalb auf Erhörung hoffen können, weil sie so viele Worte machen» (Matthäus 6,7). Menschlich ausgedrückt: Wenn wir Gott vor allem mit dem Schwall unserer wenig durchdachten Worte bestürmen, dann riskieren wir, dass wir Ihm auf die Nerven gehen. Das sollten wir nicht tun!

Betende sind sich bewusst, mit wem sie im Gespräch sind

Die Art deines Betens wird sich tiefgreifend verändern, je mehr du erkennst, wer der ist, mit dem du kommunizierst. Um seine dringendsten Bitten bei Gott zu deponieren, dafür genügen ein paar wenige Minuten. Aber um seine liebevoll-vertraute Beziehung zu diesem Gott zu vertiefen, dafür muss man sich schon etwas mehr Zeit nehmen. Und das ist für die meisten ein grosses Problem! Es gibt Phasen im Leben, wo man durch Ausbildung, Beruf und Familie so sehr beansprucht ist, dass man kaum Zeit findet für die ungestörte Beziehung mit dem lebendigen Gott. Trotzdem könnten die meisten von uns mehr Zeit investieren, um die Verbundenheit mit ihrem Schöpfer und Erlöser zu vertiefen.

Aber um seine liebevoll-vertraute Beziehung zu diesem Gott zu vertiefen, dafür muss man sich schon etwas mehr Zeit nehmen.

Je vertrauter wir sind im Umgang mit unserem Herrn, umso mehr realisieren wir, dass Er mit uns zusammen auf dieser Erde wirksam sein will. «Wir sind Gottes Mitarbeiter», schreibt Paulus in 1. Korinther 3,9. Bezogen auf das Gebet heisst das: Ich will bei Gott nicht nur meine eigenen Wünsche deponieren, sondern auch offen sein für das, was Er mir aufs Herz legen will, damit es mir wichtig wird. Beten ist ein geheimnisvolles Zusammenspiel von göttlicher und menschlicher Initiative. Erklären kann man das nicht, aber persönlich erfahren!

Beten ist ein geheimnisvolles Zusammenspiel von göttlicher und menschlicher Initiative. Erklären kann man das nicht, aber persönlich erfahren!

Gemeinsam beten

Eine grosse Herausforderung beim gemeinsamen Gebet ist, seine Aufmerksamkeit nicht zu teilen. Zum einen sprechen wir mit dem liebenden Vater, aber da hören ja auch andere Menschen zu. Wie viel Aufmerksamkeit verwendest du darauf, ein Gebet zu sprechen, das sich gut anhört? Wie sehr bist du dir noch bewusst, mit wem du sprichst?

Gemeinsam zu beten heisst auch, gemeinsam offen zu sein für die Impulse Gottes. Das ist unverzichtbar! Wenn wir das ausser acht lassen, dann spulen wir in unseren Gebetsstunden nur ein Programm herunter: Ein Bereich nach dem anderen und eine Person nach der anderen werden «durchgebetet». Wenn unsere Gebetsstunden diesen Charakter haben, dann müssen wir uns nicht wundern, dass der Besuch immer mehr abnimmt. Vielleicht sollten wir nicht nur die Art und Weise unseres persönlichen Betens überprüfen, sondern auch die Kultur unserer Gebetsanlässe.

Eine gute Gebetsstunde beginnt damit, dass sich die verantwortliche Person genug Zeit zur Vorbereitung nimmt: Was legt mir Gott aufs Herz für die Leitung des nächsten Gebetsanlasses? Von dieser Offenheit ist auch die Durchführung geprägt. Es kann sein, dass jemand aus der Runde etwas teilt, was Gott ihm oder ihr aufs Herz gelegt hat – ohne dass die Gebetsstunde zu einer Austauschrunde wird. Vielleicht betet jemand für geistliche Erneuerung in der eigenen Gemeinde und dieses Anliegen legt sich auf das Herz aller Anwesenden. Sie spüren, dass Gott selbst dieses Anliegen «auf dem Herzen hat».

Auf diese Weise kann die Gebetsstunde zu einem lebendigen Trialog werden zwischen mir, Gott und den anderen.

Leidenschaftliches Gebet

Damit verbinden viele bewusst oder unbewusst den Begriff «Begeisterung»: Je begeisterter wir beten, um­so mehr wird Gott erhören. Das ist aber vor allem ein Ausdruck unserer menschlichen Logik. Leidenschaft hat mehr mit stabilen Überzeugungen als mit oberflächlichen und vergänglichen Gefühlen zu tun. Diese Leidenschaft wird vor allem durch Gottes Geist in uns geweckt. Durch Ihn kann sich diese Leidenschaft im gemeinsamen Gebet auch auf andere übertragen: Als tief sitzende Überzeugung des Glaubens und nicht als emotionale Welle, die schnell wieder abebbt – damit wir anhaltend dafür beten.

Fazit

Lasst uns miteinander und als Einzelne um eine tief gehende und weitreichende geistliche Erneuerung bitten. Möge Gottes Geist unser Vertrauen stärken, dass das in Europa und auch in der Schweiz tatsächlich geschehen möge. Ich bete, dass Er in uns die Leidenschaft und die Sehnsucht nach einem geistlichen Aufbruch weckt!

Dieter Bösser, Schriftleiter