Gesunde Ehen und reine Sexualität Ernst und Gudrun Maurer

Im Osten von Herisau besuche ich Ernst und Gudrun Maurer in ihrer Wohnung, die seit 37 Jahren ihr Zuhause ist. Ihr Hauptanliegen, gesunde Ehen und Reinheit in der Sexualität, ist mir aus einem Bericht im «IDEA- Magazin» bekannt. Im Vorfeld frage ich mich, wie dieses Herzensanliegen entstanden ist, ihre Biografie wird sicher Aufschluss geben.

Schon in den ersten Minuten fällt mir auf, wie unterschiedlich die beiden sind. Gudrun sprüht vor Temperament und ihre direkte Art ist unübersehbar, während Ernst eine ruhige, nachdenkliche Ausstrahlung hat. Wie mögen diese beiden Pole die letzten 50 Jahre miteinander harmoniert haben?

Der Fussballer

Geboren wird Ernst 1942 und wächst mit fünf Geschwistern im Kanton Aargau auf. Prägend sind die Werte seiner lieben Mutter, einer Österreicherin, wie er erzählt. «Durch die so grossen Herausforderungen mit uns sechs Kindern und einer nicht einfachen Ehe fand sie zum Glauben an Jesus Christus und erzählte uns Kindern viele biblische Geschichten und betete mit uns.» Seine Kindheit beschreibt er als wild und unruhig. «Man hätte mich heute wohl als ADHS bezeichnet.» Seine immense Energie sucht ein Ventil, und so gehört seine ganze Leidenschaft dem Fussball. Schon früh hat er das Ziel, einmal in der besten Mannschaft des Kantons, dem FC Aarau, spielen zu können, was er schon neunzehnjährig erreicht. Er setzt alles auf eine Karte und «übertrainiert» sich mehrere Male, was zu einer schweren Erschöpfungs-Depression führt, an der er fast verzweifelt. Er ist auch in Gefahr «abzustürzen». Mit einem Psychologie- und Hypnose-Kurs sucht er mental wieder Halt zu finden.

Durch seine für ihn betende Mutter und eine Begegnung mit einer Prostituierten wird ihm klar, dass es so nicht weitergehen kann. Er sucht seinen ehemaligen Schulpfarrer auf, der ihm unmissverständlich klarmacht, dass er sein Leben ändern muss. Er erzählt ihm von Jesus und Ernst findet zum persönlichen Glauben an Jesus. Er erlebt das so einschneidend, «wie von der Hölle in den Himmel», sodass er spürt, dass er nach all dem Suchen in Jesus die Wahrheit gefunden hat.

Die Krankenschwester

Gudruns Wurzeln liegen in einer Pastorenfamilie in Deutschland, wo sie als vierte von fünf Schwestern aufwächst. «Unser Vater hatte es mitunter nicht leicht mit so vielen Frauen im Hause», erinnert sie sich. Schon in jungen Jahren trifft Gudrun eine bewusste Entscheidung für Jesus und lässt sich seither bei all ihren Schritten von der Bibel leiten, sei es bei der Wahl der Ausbildung oder des Ausbildungsortes. So führt ihr Weg zu den Vieban-Schwestern in die Ausbildung als Krankenschwester. Ein starkes Erlebnis ist ihr Umgang mit Selbstzweifeln. «Ich habe damals den Psalm 139: ...Ich danke Gott, dass ich wunderbar gemacht bin... laut gesprochen, so lang, bis ich geglaubt habe, dass ich wunderbar gemacht bin!»

«Best Hope» und Liebe

Ernst gibt den Spitzensport auf und macht eine Zweitausbildung zum Sozialpädagogen bei der Stiftung «Gott hilft». Sein Weg führt nachher in das Therapiezentrum «Best Hope», einer Drogen-Reha in Herisau. «Ich hatte einen guten Draht zu diesen früheren Drogenabhängigen, wahrscheinlich weil ich selbst schwierige Zeiten durchlebt hatte erklärt er.» Mit den ersten zwei Burschen, die die Therapie beendet hatten, besucht Ernst eine Kurzbibelschule in der «Alpina» in Adelboden, wo auch Gudrun mit einer Freundin aus Deutschland teilnimmt. Gudrun spürt bald eine tiefe Zuneigung zu Ernst: «Mein Herz schlug für ihn, aber Ernst war zurückhaltend. Da musste ich innerlich loslassen.» Gudrun kehrt nach Deutschland zurück und wartet vergeblich auf einen Brief von Ernst, aber sie bekommt eine Anfrage vom «Best Hope» für einen diakonischen Einsatz in Küche und Haushalt. Trotz Zusage kommen ihr Zweifel. «Am 6. August 1973 stieg ich in mein sehr reparaturanfälliges Auto und bat Gott um ein Zeichen: Wenn es ohne Panne bis Herisau fährt, dann soll das mein Weg sein.» Das Auto hält durch.

LiSa Ehearbeit

Während ihrer gemeinsamen Arbeit im «Best Hope» (13 Jahre) finden Gudrun und Ernst nicht nur eine gute Arbeitsbasis, sondern auch die Liebe zueinander. Sie heiraten und ihnen werden zwei Kinder geschenkt. Die Ehe konfrontiert sie jedoch mit ihren beträchtlichen Unterschieden. Diese Erkenntnis erfordert von ihnen intensive Beziehungsarbeit. Das Ehebuch «Die christliche Familie» wird ihnen zur grossen Hilfe. Die dortige Auslegung über Epheser 5, 21–33, die die Rollen von Mann und Frau beleuchtet, können sie nun besser verstehen. Ernst erklärt: «Sanftmut ist der Schlüssel, das habe ich gelernt, wie Mose mit Sanftmut vollmächtig führte.» Und Gudrun ergänzt: «Ich habe gelernt, mich meinem Mann in Liebe und Respekt anzuvertrauen.» So konnten wir uns immer besser in unseren Persönlichkeiten entfalten.

Dennoch bleiben Auseinandersetzungen in ihrer Ehe nicht aus. Doch auch dafür entwickeln sie eine besondere Methode: «Nach einem Streit kommt oft der Punkt, an dem wir sagen: Jetzt nehmen wir gemeinsam das Abendmahl! Das hat uns in vielen Situationen sehr geholfen, auch liessen wir das Wort ‹Scheidung› nie in unsere Herzen oder über unsere Lippen kommen!»

Schon früh suchen andere Paare ihren Rat. Auf meine Frage nach dem Grund erklären sie: «Die Menschen haben gespürt, dass wir sehr verschieden sind und es uns trotzdem gelingt, harmonisch zusammenzuleben.» Durch die Ausbildung «LiSa-Eheatelier» lernen sie viel vom Leiter Manfred Engeli, und so können sie heute auf 30 Jahre Erfahrung in der Eheseelsorge zurückblicken. Ihre Betroffenheit ist spürbar, wenn sie, als Grosseltern von fünf Enkelkindern, von Scheidungen hören. Ein Thema, das ihnen bis heute sehr nahe geht.

Grosser Einsatz für Jesus

Wo auch immer sie leben, unterstützen Ernst und Gudrun andere Ehepaare in Form von Eheseelsorge von Ehepaar zu Ehepaar, Mütter-Krabbel-Gruppen und Frauenkreisen und Männerkreisen. Auch bauen sie in der Stami in St. Gallen mit anderen Ehepaaren eine wertvolle Ehearbeit auf. Im Alter von 82 Jahren erlebt Ernst eine schwere Herzkrise. «Ich war bereit zum Sterben und kniete vor Gott nieder», erinnert er sich. In dieser Situation empfängt er einen neuen Auftrag: «Geh und berichte von der Heiligkeit der Ehe und der Sexualität. Mach die Menschen auf die Gefahren der Pornographie aufmerksam!» Seitdem nutzt Ernst jede Gelegenheit, besonders junge Menschen anzusprechen. «Ich bete jeweils im Vorfeld, und dann hören die meisten aufmerksam zu!» Ich kann mir gut vorstellen, dass seine sanfte Art ihm dabei Türen öffnet.

Nach etwa zwei Stunden verlasse ich das Ehepaar Maurer, beeindruckt von diesen Menschen, die bis ins hohe Alter Jesus mit ihren Gaben dienen. Und...ich habe Hunger.

Harry Pepelnar, pepelnar@gmail.com