3 Tage im Schwarzwald und nur das Handy als Kamera

Wir hatten vor nach einem Auftrag im schönen Freiburg das Wochenende dranzuhängen und ein paar Tage im Hochschwarzwald zu verbringen. Und weil ich mir gerade ein neues (gebrauchtes) iPhone zu gelegt habe, stand der Entschluss schnell fest. Komme ich nur mit dem iPhone als Urlaubskamera über die Runden oder brauch ich doch eine "richtige" Kamera für Urlaubsfotos?

Los ging es in Freiburg selbst, wo wir recht schnell zufälligerweise in eine Stadtführung "stolperten". Dabei war ich wirklich froh, dass ich nur mit dem Handy fotografiert habe, denn damit war ich (a) recht schnell und (b) sehr flexibel unterwegs. Mit meiner "echten" Kamera hätte ich wahrscheinlich mehr Zeit "verbraten" und sehr viel weniger der wirkich interessanten Infos mitbekommen. Hier also ein paar touristische Bilder von der Stadtführung:

(oben v.l.n.r.) Teleaufnahme des alten Rathauses, Ultraweitwinkel des Wappens einer der Partneruniversitäten, Normalaufnahme aus dem "Bächle" in Richtung des Münsters, Schwabentor (dank Photoshop von Oberleitungen befreite Sicht)

Hier einige Bilder des Münsters von außen und innen:

(im Urzeigersinn von links oben) Am Münster:Eingangsbereich mit fragilen Schnitzereien (Vogelabwehrdrähten), die Fremdenführerin erklärt die Brotmaße an der Fassade, Tele auf die teilweise nicht jugendfreien Wasserspeier ;), weitere Maße an der Fassade: Elle und Klafter
(oben v.l.n.r.) Blick vom Eingang zum Altar (48 MP), 12 MP Crop aus dem ersten Bild, Ultra-WW-Aufnahme nach oben
(oben v.l.n.r.) Probe des Schülerorchesters bei wenig Licht, Zoom auf das Kreuz über dem Altar mit Fenstern im Gegenlicht, Szene mit extrem hohem Tonwertumfang un schwierigem Licht

Wir hatten Glück, denn in diesem Jahr war das Hungertuch (auch Fastentuch genannt) aufgehängt. Das ist ein riesiges Tuch (ca. 10 x 8,5 m mit einem Gewicht von über einer Tonne) aus bemaltem Leinen. Es stammt aus dem Jahr 1612. Seine ursprüngliche Funktion war es, während der Fastenzeit (von Aschermittwoch bis zum Karsamstag oder Gründonnerstag) den Hochaltar und den Chorraum des Münsters zu verhüllen. Das hatte mehrere Bedeutungen:

  • Symbol der Trauer und Buße: Die Verhüllung des Allerheiligsten symbolisierte die Trauerzeit und die Abkehr von weltlicher Pracht während der Fastenzeit
  • Trennung: Es stand für die Trennung zwischen Gott und den Menschen durch die Sünde, die durch das Opfer Christi am Kreuz (das an Ostern gefeiert wird) überwunden wird.
  • Biblia Pauperum (Armenbibel): Für die meist leseunkundige Bevölkerung diente das Tuch mit seinen Bildern als visuelle Darstellung der Heilsgeschichte, insbesondere der Passion Christi.

Das Tuch ist mit Leimfarben bemalt und zeigt in seinem Zentrum eine große Kreuzigungsszene. Darum herum sind in Feldern weitere Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu dargestellt (z.B. Abendmahl, Ölberg, Gefangennahme, Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragung, Grablegung, Auferstehung). Aufgrund seines Alters, seiner Größe und seiner Empfindlichkeit wird das Hungertuch nicht mehr jedes Jahr aufgehängt. Die Entscheidung darüber trifft die Münsterverwaltung bzw. das Erzbischöfliche Ordinariat unter konservatorischen Gesichtspunkten. Es wird nur noch alle paar Jahre während der Fastenzeit im Hochchor des Münsters gezeigt

(oben) Altar mit dem Hungertuch im Hintergrund (Sackwagen sucks!)
(oben) Einige eher weniger touristische Bilder aus Freiburg

Am nächsten Tag verschlug es uns an den (und nach) Titisee, um unsere Jüngste vom Bahnhof abzuholen, weil sie ein paar Tage mit uns verbringen wollte. Danach haben wir den ein oder anderen interessanten Ort besucht und ganz wunderbar in der "Tannenmühle" gegessen. Zeit vor allem für Langzeitbelichtungen (meist aus der Hand).

(oben) Blick über den Steg auf den Titisee (20 sec. aus der Hand), (mittig v.l.n.r.) Titisee mit Steg (10 sec. aus der Hand), "reißendes" Bächle an der Tannenmühle (10 sec. aus der Hand), "Kopflos" in St. Blasien, (unten v.l.n.r.) die Alb in St. Blasien mit der Domkuppel (10 sec. aus der Hand), Domkuppel in St. Blasien (im leichten Wes Anderson Style)

Apropos Tannenmühle: hier habe ich zu später Stunde auf dem Weg zum Parkplatz eine (fotografisch wenig, technisch sehr interessante) Nachtaufnahme mit 6400 ISO (!) gemacht und war mehr als erstaunt.

(oben) 6400 ISO (rechts der 100% Pixelpeeping-Ausschnitt)

Wir haben einen Ausflug nach Schaffhausen zum Rheinfall eingelegt. Da war zwar vergleichsweise wenig Wasser im Rhein, aber dafür auch keine Reisebusse voller Touris, was dann doch sehr angenehm war. Auch hier war wieder Zeit für Langzeitbelichtungen und ungewöhnliche Aufnahmeperspektiven. Diese wären mit einer "richtigen" Kamera eher schwierig umzusetzen gewesen, vor allem, wenn man mit der Family unterwegs ist und sich nicht alle Zeit der Welt nehmen kann.

(oben v.l.n.r.) Rheinfall (1 sec. aus der Hand), "Neben"-Rheinfall (5 sec. aus der Hand), Blick aus den Blumenrabatten auf den Rheinfall
(oben) Blick von oberhalb des Rheinfalls (5 sec. aus der Hand)

Ein paar "Accidentally Wes Anderson" Shoots sind auch entstanden.

(oben) Klinikruine in St. Blasien (mittig v.l.n.r.)  Aussichtsfernrohr am Titisee, Farbkontrast am Rheinfallparkplatz, Bootsverein am Rheinfall (unten v.l.n.r.) Grafikdetail am Rheinfallparkplatz, farbkontrastiges Garfikdetail am Rheinfallparkplatz

Ich habe festgestellt, dass ein Smartphone extrem "street-tauglich" ist. Das sollte genau genommen keine irrsinnig neue Erkenntnis sein, aber ich habe es dafür bisher (aufgrund der mangelnden Bildqualität) noch nie so wirklich eingesetzt. Es ist wirklich erstaunlich: Die Menschen nehmen einen nicht als "Bedrohung" war und man wird quasi "unsichtbar".

(oben) Street-Fotografie

Natürlich konnte ich auch den ein oder anderen Hydranten für meine Serie entdecken und die ließen sich mit dem Handy in wirklich sehr guter Qualität abschießen:

(oben) Waschechte Schwarzwaldhydranten

Und zum Schluss natürlich noch einige Bilder aus dem Wald. Das darf natürlich an dem Ort nicht fehlen. Zum einen "richitg scharfe" Bilder, zum anderen habe ich aber auch die ICM-Fähigkeiten ausgetestet.

(oben) Ultra-WW-Aufnahme der Danieltanne (dickste und zweithöchste Tanne im Schwarzwald)
(oben v.l.n.r.) Ein und dieselbe Szene in scharf, impressionistisch und abstrakt abgebildet

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(oben) Einige "Waldstudien" stilisitisch unterschiedlich umgesetzt - von "knackscharf" bis zu "komplett verwischt" ist alles dabei

Fazit: Ich bin sehr erstaunt und angenehm überrascht, wie wenig mir eine "richtige" Kamera gefehlt hat, was mit dem iPhone alles möglich ist und wie unkompliziert das funktioniert. Ich bleibe an dem Thema dran und - wer weiß - entwickle mich immer mehr zum iPhoneographen. ;)