Eigentlich wollte ich Ingenieur werden FEG Persönlich Richard Moosheer

Richard und Renate Moosheer leben am Rande des Wienerwaldes in der Nähe von Wien. Jedes Jahr besuche ich sie im Rahmen der Vision Europa und finde es spannend, in ihrem Wohnzimmer leidenschaftlich über Kirche, Mission, Ausbildung, Kinder und Enkelkinder zu diskutieren. Neugierige, offen denkende Menschen sind interessant.

Harry Pepelnar arbeitet mit Freude 30 Prozent im Bereich Kommunikation, pepelnar@gmail.com

Während des Gesprächs blubbert es im Aquarium. Die Fische werden bei Moosheers automatisch gefüttert, wie so vieles im Haus. «Eigentlich wollte ich Ingenieur werden. Aber Gott hat mich zur Theologie gerufen.»

Frau Klemenz

Sein Vater ist Ingenieur und Hobbytheologe. «Ich habe ihm viel zu verdanken. Er hat mich stark geprägt», sagt Richard im Rückblick. Es ist das Jahr 1956, als er im Haus der gläubigen Familie in Wallisellen das Licht der Welt erblickt. Seine Eltern sind aktive Christen in der Landeskirche und so werden auch Richard und seine drei Geschwister geprägt. «Mein Vater hat immer gegen die Liberalität der Kirche gekämpft!» Die Kinder werden in die Kinderstunden der FEG Wallisellen geschickt, wo eine Frau Klemenz von der Kinderevangelisationsbewegung (KEB) mit viel Herz von Jesus er­zählt. «Ich habe mich als Kind für Jesus entschieden. Frau Klemenz hat dann einen Bibelkreis geleitet, um uns Neubekehrte im Glauben zu fördern.»

Streit mit dem Pfarrer

Mit 14 Jahren hilft er in der Sonntagsschule, mit 16 wird er Mitglied der Jugendgruppenleitung der FEG Wallisellen. Er besucht das naturwissenschaftliche Gymnasium, denn er will ja Ingenieur werden. «Durch das Bibelstudium habe ich gemerkt, dass manches, was der Pfarrer sagt, nicht in der Bibel steht. Ich hatte einige Auseinandersetzungen mit ihm, bevor ich ganz in die FEG eingetreten bin.»

Bibeltreue Ausbildung

Robert Bührer, damals Pastor der FEG Wallisellen war es, der den jungen Richard zum Theologiestudium ermutigte. «Mit 18 Jahren wuchs in mir die innere Bereitschaft, Theologie zu studieren, und mit 19 Jahren durfte ich das Studium an der STH Basel beginnen.» Ich muss kurz bei Richard nachfragen, ob es neben Technik und Bibel noch etwas anderes gibt. Er studiert, ja klar, Renate. Kennengelernt hat er sie in der Jugendgruppe, gemeinsam sind sie in der Leitung und haben sich dabei gut kennengelernt. «Ich habe mich in sie verliebt. Das habe ich ihr gesagt und auch gleich, dass ich sie heiraten will.» Früher waren die Menschen in solchen Dingen einfach effizienter. Heute haben die beiden 5 Kinder und 14 Enkelkinder! Renate studiert damals auf der Chrischona und gemeinsam wächst eine Überzeugung:

Wir gehen in die Mission

Aber wohin? Japan oder die Elfenbeinküste interessieren sie. Doch bei den Bewerbungsgesprächen wird schnell klar: Das passt nicht. Es folgt ein Sommerpraktikum in Krumpendorf (Kärnten), wo sie dem Gründer­ehepaar bei den Kinderstunden helfen. Zurück in der Schweiz helfen sie beim Aufbau der FEG Birsfelden mit und werden gefragt, ob sie nicht die Nachfolge des Kärntner Pionierehepaars antreten wollen.

Mühsam und fruchtbar

Im Sommer 1981 kommen sie nach Klagenfurt. Die Gemeinde besteht aus drei älteren Ehepaaren und einigen Jugendlichen. Doch der Vorgänger bleibt in der Gemeinde, und obwohl er verspricht, sich im Hintergrund zu halten, redet er dem jungen Richard ständig ins Handwerk. «Ich bin an die Grenzen meiner Kraft gekommen. Ein paar Mal war ich kurz davor, aufzugeben. Es war so mühsam und harzig. Meine Frau hat mir dann gesagt, dass es überall Probleme gibt, und so haben wir weitergemacht.» Gott sei Dank gibt es Frauen!

Aber er hat daraus gelernt: «Wenn ich in Rente bin, halte ich mich da raus. Heute merke ich, dass das nicht so einfach ist.» Vor sechs Jahren hat Richard die Leitung der theologischen Ausbildungsstätte AKG in Wien an Jonathan Mauerhofer übergeben: «Ich freue mich sehr über die Arbeit von Jonathan, er macht das super!»

Ausbildung als Berufung

Wenn Richard sagt, dass er nur ein wenig Pionierbegabung hat, dann finde ich das untertrieben. Es ist ihm ein grosses Anliegen, dass die Christen in Österreich das Wort Gottes studieren. Er gründet zusammen mit anderen Missionaren in den kommenden Jahrzehnten verschiedene Ausbildungsstätten wie BAO, die EVAK und eine biblische Ausbildungsstätte auf Hochschulniveau (heute AKG). «Wir sind mit dem ersten Teil des Missionsbefehls (Matthäus 28,18–20) nach Österreich gekommen, aber der zweite Teil wurde immer wichtiger: «... lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe». Richard übergibt die Aufbauarbeit in Klagenfurt an Ernst und Brigitte Brugger, hilft bei der Gründung einer Gemeinde in Purkersdorf. Ab 1996 ist er hauptamtlich in der Ausbildung tätig.

Die Leiden des Richard

Richard hat zwei Herzoperationen hinter sich und ausgerechnet in einer wichtigen Phase der AKG-Gründung erkrankt er an Krebs. «Ich habe Gott damals schon nach dem Warum gefragt. Gott hat mir durch die Bibel in Römer 8,18ff. geantwortet und mir etwas gezeigt, was ich theoretisch schon lange wusste: Wir leben in einer gefallenen Welt und da gibt es Krankheit und auch Misserfolg. Das hat mir sehr geholfen.» Heute geht es ihm recht gut.

Was Richard mehr schmerzt ist die Tatsache, dass sich sein Gemeindeverband im Moment in einem unnötigen Streit befindet. «Wir haben in all den Jahren so viel investiert. Es wäre so traurig, wenn es jetzt eine Spaltung gäbe.» Er leidet unter dem subjektiven Wahrheitsverständnis der Postmoderne, jeder schafft sich seine Wahrheit selbst. «Das geht mir gegen den Strich! Wir sind in Gefahr, in eine existentialistische Exegese zu verfallen! Dass die Bibel nur noch dann Gottes Wort ist, wenn es mich berührt. Das macht mir Sorgen.»

Und ich stelle fest – und das ist nicht das erste Mal – dass zwei Seiten definitiv zu wenig sind, um ein Leben zu beschreiben.