Scheitern will gelernt sein Leitung FEG Schweiz

Wir tun uns schwer mit dem Scheitern. Egal ob im Sport, in der Schule, im Beruf oder der Beziehung, sind sofort Erklärungen da, die rechtfertigen oder Schuld zuweisen. Wie gehen wir mit Gescheiterten um und was macht es mit uns, wenn wir scheitern?

«Frankreich hat einfach besser gespielt. Sie waren in allen Belangen überlegen. Das muss man akzeptieren», sagte der Italiener Simone Giannelli nach dem verlorenen Volleyball-Match an der Olympiade 2024. Was für ein erfrischendes Statement!

Vor etlichen Jahren war ich in Amerika bei einem Unternehmer zu Gast. Seine Frau erzählte mir, dass ihr Mann vor einem halben Jahr mit seiner Firma mit 600 Mitarbeitern Konkurs ging. Was für eine Tragödie! Während ich nach Worten der Anteilnahme suchte, fuhr sie weiter und meinte, dass das nicht schlimm sei und er mit seiner neuen Firma bereits wieder 150 Angestellte habe. Scheitern? Ja, aber der Unternehmer hatte aus seinen Fehlern gelernt und hat neu durchgestartet.

Aus diesen zwei verschiedenen Ereignissen lernen wir, dass Scheitern zu unserem Leben gehört. Wie uns dies aber prägt und wie wir damit umgehen, beeinflusst unsere Zukunft. Genauso verhält es sich auch in der Gemeinde. Die Kultur des «Nicht-scheitern-Dürfens» hat sich über weite Strecken etabliert. Natürlich gibt es da auch eine Sichtweise, dass durch das Reden Gottes oder die Führung durch den Heiligen Geist ja keine Fehlleitungen entstehen können. Wenn wir dann scheitern, bricht neben dem Fiasko, der Scham und Selbstanklage auch noch der geistliche Aspekt ein über uns.

Damit wir mutig und innovativ Menschen mit dem Evangelium erreichen, brauchen wir eine Kultur des Scheiterns, die nicht verurteilt oder mit Scham behaftet ist. Der Umweltpionier und Psychiater Bertrand Piccard meint dazu: «Wer nicht scheitert, wird wenig erreichen.» Scheitern gehört auch zu meinem Leben. Aber wenn ich das nicht zunutze machen kann, das Scheitern akzeptiere und daraus neue Ziele setze, ist es fatal. So freue ich mich, Geschichten des Scheiterns zu hören – wenn ersichtlich wird, dass Lernprozesse ausgelöst, neue Impulse aufgenommen und daraus Gelingendes entsteht!

Matthias Anderegg, Leitung FEG Schweiz Bereich Gemeindeentwicklung, matthias.anderegg@feg.chh