Übergänge können bunt sein! Kinderheimat Tabor

Wer Kinder hat oder selbst vor grösseren Veränderungen steht, weiss, dass Übergänge oft nicht einfach sind. Je nach Persönlichkeit und Fähigkeiten gehen wir ganz unterschiedlich damit um. Als wir einen unserer Enkel fragten, ob er sich auf den Kindergarten freue, meinte er ganz trocken: «Ich habe mich angemeldet, nun muss ich halt gehen!» – Und jetzt geht er und das mit Begeisterung.

Urs Klingelhöfer, Leiter Kinderheimat Tabor, heimleitung@kinderheimat-tabor.ch

Die Übergänge in unserem Leben verlaufen jedoch nicht immer so einfach und pragmatisch. Ein herausfordernder Übergang ist für viele junge Menschen der Eintritt in das Berufsleben. Besonders anspruchsvoll ist dieser Prozess für die Schulabgänger des Tabor, deren grundlegende Bildungs- und Entwicklungsvoraus­setzungen oft noch nicht gefestigt sind. Vor 18 Jahren haben wir deshalb in Frutigen einen zweiten Standort eröffnet, ein Jugendhaus für 4–5 Schulabgänger, das von einer Familie mit sozialpädagogischem Hintergrund geführt wird. Bewusst haben wir die Aussenstation als Familienmodell geführt, auch um den Jugendlichen wieder ein «Familienbild» vermitteln zu können.

Drei Familien haben seither mit ihren Kindern das Leben mit den Jugendlichen geteilt, intime Einblicke in das Familienleben ermöglicht und die Jugendlichen auf ihrem Weg in die persönliche und berufliche Selb­ständigkeit unterstützt. Einige Jugendliche konnten das Angebot positiv nutzen und sich weiterentwickeln. Andere zogen nach kurzer Zeit weiter, fanden sich in der neuen Umgebung nicht zurecht oder lehnten die Unterstützung ab, was auch zu Abbrüchen führte.

Der Drang nach Selbstbestimmung und die frühe Volljährigkeit mit 18 Jahren sind zwei wichtige Faktoren, die in dieser Phase einen starken Einfluss haben. Hinzu

kommen der natürliche Ablösungsprozess der Jugend­lichen in diesem Alter und die teilweise erschwerte Bindungs- und Beziehungsfähigkeit. Das kostet Kraft auch bei den professionellen Helfern und hat letzt-

lich dazu geführt, dass wir die Jugend-WG seit dem Sommer als klassische Wohngruppe im Team führen. Wir sind sehr dankbar, dass die bisherigen Leiter die Aufgaben weiterführen, nun aber extern wohnen und dadurch mehr Erholung und Abstand finden können.

Wir haben die Übergangszeit genutzt und in den Sommerferien die Jugend-WG renoviert. Die ehemalige Wohnung der Familie gehört nun ebenfalls zum Wohnangebot. So konnten zwei zusätzliche Plätze geschaffen und das Angebot erweitert werden. Die Jugendlichen kommen zunächst ins Betreute Wohnen und können dann ab 18 Jahren im gleichen Haus in das Begleitete Wohnen ins Erdgeschoss wechseln. Sie werden weiterhin unterstützt, können aber nun zeigen, dass sie ihren Lebens- und Berufsalltag zunehmend selbständig gestalten können. Die ersten Monate im neuen Konzept sind gut angelaufen und das Team konnte mit zusätzlichen Mitarbeitenden erweitert werden. Nun ist nicht nur der Ablöseprozess bunt, sondern auch die Farbgestaltung in der neuen JWG, und diese Buntheit gefällt allen!