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Waldperspektiven Der Wald im Wandel der Zeit

Fotos und Text: Ellen Gromann

Vom furchterregenden Ort, in dem sich vermeintlich dunkle Mächte aufhielten, bis hin zum Lebenselixier. Der Wald hat im Laufe der letzten Jahrhunderte einen beeindruckenden Imagewandel erlebt.

Ich bin der Wald.

Ich bin uralt.

Ich hege den Hirsch, ich hege das Reh.

Ich schütz Euch vor Sturm, ich schütz Euch vor Schnee.

Ich wehre den Frost,

ich wahre die Quelle, ich hüte die Scholle.

Ich bau Euch das Haus, ich heize den Herd –

darum Ihr Menschen haltet mich wert.

(Unbekannter Verfasser, 17. Jahrhundert)

Unzählige Gedichte, Geschichten und Mythen ranken sich um den Wald. Die Wahrnehmung und die Bedeutung für uns Menschen haben sich im Laufe der letzten Jahrhunderte ganz wesentlich verändert. Der dunkle, unheimliche Wald, in dem Hexen und böse Wölfe leben, wurde zum Werkstofflieferanten für Haus- und Schiffsbau und zum Heizstofflieferanten. Er wurde gerodet, um Platz für Besiedelungen und Landwirtschaftsflächen zu gewinnen. Aber das Bewusstsein über die Bedeutung des Waldes für uns Menschen, für die Umwelt und das gesamte Ökosystem hat sich im Laufe der letzten Jahrhunderte bei uns deutlich gewandelt. Der Wald entwickelte sich zum wertgeschätzten Naherholungsgebiet. Ein Wahrnehmungswandel, wie er kaum extremer sein könnte. Noch im Mittelalter wurden auch in Europa ganze Länder abgeholzt. Waldarme Länder wie Island und Irland waren einst zu etwa 60 bis 70 Prozent bewaldet. Die Abholzung veränderte die Vegetation des Landes nachhaltig. Sie führte zur Versteppung ganzer Landstriche.

Farbenspiel im Wald

Eine konsequente Aufforstung vermag das Land wieder zu heilen.

Beispielhaft dafür steht die Aktion des brasilianischen Fotografen und Umweltaktivisten Sebastião Salgado, der sich aktiv gegen die Abholzung des Regenwaldes einsetzt. Die Abholzung auf der Farm seiner Familie in Brasilien führte zu einer Versteppung des Bodens und einer Veränderung des Klimas – der Regen versiegte. Salgado liess daraufhin auf der Farm zweieinhalb Millionen Regenwaldbäume pflanzen. Der Wasserhaushalt und das Klima erholten sich zusehends. Er hat diesen Wandel eindrücklich fotografisch festgehalten.

Auch bei uns wird man sich, auch im Zuge des Klimawandels und seiner Folgen, verstärkt der Schutzfunktion der Wälder bewusst. Neben ihrer Funktion als Luftfilter und Sauerstofflieferanten bewahren uns Wälder ganz konkret vor Naturkatastrophen. Rund 40 Prozent der Schweizer Wälder sind ausgewiesene Schutzwälder, die Siedlungen vor Steinschlag, Hangrutsch und Lawinen wirksam schützen. (Quelle: Schutzwald-Schweiz.ch)

Ob als Naherholungsgebiet, als Klimawächter, als Lieferant von Sauerstoff, als Lebensraum oder als Schutzwald – der Imagewandel des Waldes im Laufe der letzten Jahrhunderte ist enorm.

Hier gehen wir spazieren oder wandern, hier atmen wir durch, und hier geniessen wir an heissen Sommertagen das schattige Kühl. Von den dunklen Mächten und Hexen aus dem Mittelalter fehlt heute jede Spur.

Der Wald in Zahlen

Etwa 31 Prozent der gesamten Landfläche der Erde sind mit Wald bedeckt (Stand 2020). Dies entspricht einer Fläche von etwa 40,6 Millionen Quadratkilometern. Die gesamte Erdoberfläche misst über 510 Millionen Quadratkilometer. Der Wald nimmt damit nicht einmal 10 Prozent der Erdoberfläche ein. (Quelle: statista.com)

Die Waldfläche in der Schweiz umfasst 1,27 Millionen Hektar (Stand 2022, Quelle: Bundesamt für Umwelt). Das entspricht mehr als 30 Prozent der Gesamtfläche

Der Wald spielt eine tragende Rolle für das Leben auf der Erde. Die grüne Lunge der Erde baut CO2 ab, und sie produziert den lebensnotwendigen Sauerstoff. Sie bildet eine der Grundlagen für unsere Existenz. Der Schweizer Wald absorbiert pro Jahr 2,5 Millionen Tonnen CO2. (Quelle: Bundesamt für Umwelt)

Im Wald ist die Umgebungstemperatur im Sommer im Schnitt um 4 °C tiefer als ausserhalb des Waldes. (Quelle: Naturwald-Akademie.org)

Über 20 000 verschiedene Tierarten leben im Schweizer Wald. Hinzu kommen zahlreiche Pflanzenarten, Flechten und Moose. (Quelle: Bundesamt für Umwelt)

Laut Bundesamt für Umwelt geht die Hälfte der Schweizer Bevölkerung im Sommer mindestens einmal pro Woche in den Wald, im Winter mindestens ein- bis zweimal pro Monat.

Der Wald als Therapeut

Japanische Wissenschaftler haben längst erforscht, was wir bis anhin lediglich als persönliches Empfinden beschreiben konnten. Waldbaden, Shinrin Yoku, nennen die Japaner die effiziente Form des Stressabbaus während eines Aufenthalts im Wald. Neben der Verminderung des Cortisolspiegels wurden eine Reduktion des Blutdrucks und des Pulses, eine Steigerung positiver Gefühle und eine Minderung negativer Gefühle nach dem Waldbaden nachgewiesen. Sogar eine Erhöhung der T-Killerzellen, die massgeblich für das Funktionieren unseres Immunsystems sind, konnte nachgewiesen werden. (Quelle: Studie der Universität Tokio)

Der Wald ist ein wahrer Alleskönner, und er bietet mit all seinen Facetten und Stimmungen bei jedem Wetter traumhafte Fotomotive.

Fotografische Trouvaillen im Wald
Der Wald als Naherholungsgebiet

Impressum

Konzept, Text und Fotos: Ellen Gromann – Gesamtverantwortung: Renato Barnetta; info-redaktion@fau.ch, ©www.fokus-arbeitsmarkt.ch, September 2023