Die Innenstadt ist ein pulsierender Ort voller Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen. Junge Menschen suchen nach Treffpunkten, nach Freiräumen und nach dem Gefühl dazuzugehören. Doch oft fehlt es an jugendgerechten Angeboten, und Konflikte mit anderen Stadtakteur*innen bleiben nicht aus. Nach der sogenannten „Stuttgarter Krawallnacht“ im Sommer 2020 hat die Stadt Stuttgart verschiedene Maßnahmen zur Erweiterung der Jugendarbeit in der Innenstadt initiiert. Das Modellprojekt „Mobile Jugendarbeit Innenstadt“ (MJA Innenstadt) wurde als Teil der „Integrierten Jugendarbeit“ ins Leben gerufen, um jugendgerechte Räume in der Innenstadt zu fördern, Jugendgruppen zu begleiten und präventiv zu wirken.
Wie können wir eine Innenstadt gestalten, die auch für junge Menschen lebenswert ist? Wie kann Jugendarbeit dazu beitragen, Konflikte zu entschärfen und Perspektiven zu schaffen?
Diesen und weiteren Fragen stellt sich die Mobile Jugendarbeit Stuttgart, getragen durch die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. und den Caritasverband für Stuttgart e.V., um die Qualität der eigenen Arbeit durch Praxisforschung zu evaluieren. Beauftragt mit der vierjährigen Begleitung wurde Prof. Dr. Thomas Meyer, Institute for Science & Markets (Duale Hochschule Baden-Württemberg).
Der Abschlussbericht zur Mobilen Jugendarbeit Innenstadt (MJA) liefert Antworten! Er zeigt:
✔ Wie die MJA junge Menschen erreicht, die sonst oft übersehen werden. ✔ Welche positiven Effekte das Projekt auf das Stadtbild und das Sicherheitsgefühl hat. ✔ Warum kommerzfreie Räume für junge Menschen so wichtig sind. ✔ Welche Erkenntnisse für zukünftige Jugendprojekte gewonnen wurden.
Sie sind neugierig geworden?
Wir haben im Folgenden die wichtigen Themen aus dem Bericht zusammengefasst - zum Download steht er Ihnen unten zur Verfügung. Ab Seite 95 finden Sie die wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen kompakt zusammengefasst! Lassen Sie sich inspirieren – für eine jugendfreundliche, lebenswerte Innenstadt!
sicher? lebendig? jugendgerecht!
Wie kann die Innenstadt ein sicherer, lebendiger und jugendgerechter Ort sein – für alle? Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Mobile Jugendarbeit Innenstadt“ liefert wichtige Erkenntnisse.
1. Konflikte im öffentlichen Raum
Ursachen verstehen – Lösungen entwickeln (S. 21ff.) Konflikte entstehen oft dort, wo junge Menschen keine geeigneten Aufenthaltsorte finden. Der Bericht zeigt:
✔ Junge Menschen wollen sich in der Innenstadt aufhalten, haben aber kaum kommerzfreie Orte. ✔ Wo Aufenthaltsmöglichkeiten fehlen, kommt es eher zu Spannungen mit anderen Stadtakteur*innen. ✔ Die MJA trägt aktiv zur Konfliktprävention bei, indem sie vermittelt, deeskaliert und junge Menschen begleitet.
Mehr dazu ab Seite 75 (Erkenntnisse aus Teamgesprächen zu Konflikten und Lösungen).
2. Eine jugendgerechte Innenstadt
Was brauchen junge Menschen und was fordern sie konkret? Seite 46ff.
✔ Räume, in denen sie sich aufhalten können, ohne Konsumzwang. ✔ Mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum. ✔ Events, die junge Menschen ansprechen – organisiert mit und für sie.
Die Stadt kann dies fördern, indem sie niedrigschwellige Beteiligungsformate schafft und kommerzfreie Räume langfristig sichert. Beispielhafte Projekte wie „Eck am See“ (Seite 68 ff.) zeigen, wie es gelingen kann!
3. Beteiligung als Schlüssel für eine nachhaltige Stadtentwicklung
Seite 90 ff. – Beteiligung ist kein Selbstzweck – sie schafft Verantwortung und Identifikation.
✔ Junge Menschen, die mitgestalten dürfen, fühlen sich in „ihrem“ Stadtteil wohler. ✔ Projekte wie das #0711wohnzimmer (S. 69) haben gezeigt, dass Beteiligung das Sicherheitsgefühl und die Akzeptanz junger Menschen im öffentlichen Raum verbessert. ✔ Die MJA fungiert als Vermittlerin zwischen jungen Menschen und der Stadtgesellschaft – eine wichtige Brücke für eine moderne Stadtentwicklung!
„Die Arbeit hat die Grundlage gelegt, um langfristig eine jugendfreundlichere Innenstadt zu etablieren, in der Jugendliche als wichtiger Bestandteil wahrgenommen werden.“ (S. 83)
„Projekte ermöglichen Begegnungen zwischen Gruppen, die sich sonst meiden oder Konflikte austragen könnten, und schaffen so ein offenes und inklusives Umfeld“. (S. 83)
Konflikte - Netzwerke - Kooperationen
Die Gestaltung einer sicheren, lebenswerten und jugendgerechten Innenstadt ist eine zentrale Herausforderung. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Mobile Jugendarbeit Innenstadt“ liefert hierfür wertvolle Erkenntnisse – insbesondere im Bereich Konfliktmanagement, Netzwerkarbeit und interdisziplinäre Kooperation.
1. Aggression und Gewalt im öffentlichen Raum – die Rolle Mobiler Jugendarbeit
Seite 30 ff. – Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beobachtungsparametern.
✔ Die MJA hat 1.970 dokumentierte Einsätze in der Innenstadt durchgeführt. ✔ Die Stimmung in der Innenstadt ist in 97 % der beobachteten Fälle frei von Aggression (S. 31). ✔ Die Analyse zeigt: Konflikte spielen sich besonders dort ab, wo viel Alkohol getrunken und Selbstdarstellung betrieben sowie ein hoher Anteil männlicher Personen beobachtet wird. Dazu kommt eine hohe Polizeipräsenz. ✔ Beobachtungsdaten (S. 27 ff.) belegen Zusammenhänge zwischen Vielfalt und einer friedlichen Stimmung. ✔ Die MJA ist oft erste Ansprechpartnerin bei aufkommenden Spannungen und trägt aktiv zur Deeskalation bei.
2. Netzwerkarbeit und Kooperationen – Neue Wege in der Zusammenarbeit
Seite 56 ff. – Gemeinsames Handeln für eine jugendgerechte Stadt.
✔ Die MJA hat über 100 Kooperationspartnerschaften aufgebaut – von Sozialarbeit über Polizei und Kultur bis zu Gewerbetreibenden. ✔ Besonders erfolgreich waren Kooperationen mit Ordnungskräften zur Konfliktvermeidung. ✔ Verwaltung, Sozialarbeit und Polizei profitieren von einer gemeinsamen Perspektive auf Jugendthemen.
Zum Weiterlesen ab Seite 81: Welche Kooperationen funktionieren besonders gut – und was kann verbessert werden?
3. Mehr als Streetwork - Bedarfe junger Menschen erkennen
Seite 95 ff. – Die MJA als Bindeglied zwischen Verwaltung, Praxis und Forschung.
✔ Neben klassischer Jugend(sozial)arbeit übernimmt die MJA zunehmend eine Schnittstellenfunktion: Sie erfasst Daten zu jugendlichen Bedürfnissen und Konfliktorten. Sie gibt Impulse für jugendgerechte Stadtentwicklung. Sie dient als Ansprechpartnerin für Verwaltung und Sicherheitspartner. ✔ Diese neue Rolle wurde in Fachgremien anerkannt und soll weiter ausgebaut werden.
Zum Weiterlesen ab Seite 104: Welche Strukturen sind notwendig, um diese Rolle langfristig zu sichern?
"Der Anspruch, möglichst 'alle' junge Menschen anzusprechen bzw. einzubinden, kann nur in Form von Kooperationsprojekten gelingen, was letztendlich den Gedanken der Integrierten Jugendarbeit ausmacht." (S. 110)
„Vertrauensvoll, pragmatisch und zielführend.“ (S. 90 - Aussage in einem Expert*inneninterview über das Team der MJA Innenstadt)
Mobile Jugendarbeit Innenstadt – Erkenntnisse für Fachkräfte und Wissenschaft
Die Mobile Jugendarbeit in der Stuttgarter Innenstadt wurde vier Jahre lang wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Der Abschlussbericht bietet wertvolle Erkenntnisse für Fachkräfte der Sozialen Arbeit, Kooperationspartner*innen und die Wissenschaft. Er liefert empirische Daten zu Wirkungen, Herausforderungen und neuen Rollen der Mobilen Jugendarbeit in einem innerstädtischen Kontext.
1. Mobile Jugendarbeit in der Innenstadt
Seite 9 ff. – Professionelle Einordnung und theoretische Perspektiven.
✔ Die klassische Mobile Jugendarbeit ist stadtteilbezogen – doch was passiert, wenn junge Menschen sich nicht an einen Stadtteil binden, sondern urbane Räume flexibel nutzen? ✔ Die MJA in der Innenstadt musste neue Methoden entwickeln, um temporäre Gruppen an wechselnden Aufenthaltsorten zu erreichen. Die Bandbreite an Unterstützungsanfragen und Adressat*innen ist enorm. ✔ Ein zentraler Fokus liegt auf Streetwork, Einzelhilfe, Gemeinwesenarbeit und der Rolle als Sprachrohr für junge Menschen.
Zum Weiterlesen ab Seite 95: Welche methodischen Anpassungen waren notwendig? Welche neuen Ansätze entstanden?
2. Kooperation und Netzwerke: Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Schlüssel
Ab Seite 56 ff. – Erfolgreiche Kooperationsmodelle.
✔ Die MJA hat sich als Vermittlerin zwischen Jugendlichen, Ordnungsbehörden, Stadtverwaltung und Sozialarbeit etabliert, ohne den anwaltlichen Auftrag zu verlieren. ✔ Kooperationen mit Einrichtungen der Sozialen Arbeit, der Kultur, Gewerbetreibende führten zu niedrigschwelligen Angeboten. Der kontinuierliche Diskurs mit der Polizei ist erfolgreicher Teil der Konfliktprävention. ✔ Netzwerkarbeit mit anderen sozialen Diensten erwies sich als essenziell – insbesondere bei psychosozialen Belastungen junger Menschen.
Zum Weiterlesen ab Seite 81: Welche Formen der Zusammenarbeit haben sich bewährt? Welche Herausforderungen gibt es?
3. Forschende Praxis: Datenbasierte Erkenntnisse für die Jugendsozialarbeit
Seite 21 ff. – Empirische Befunde aus vier Jahren wissenschaftlicher Begleitung.
✔ Insgesamt wurden 1.970 Beobachtungsprotokolle und 2.894 dokumentierte Gespräche mit (jungen) Menschen ausgewertet.
✔ Die Ergebnisse zeigen:
- Kommerzfreie Räume fördern soziale Teilhabe.
- Aggression im öffentlichen Raum lässt sich durch gezielte soziale Intervention senken.
- Mobile Jugendarbeit kann als „Datenlieferantin“ für bedarfsgerechte Jugendhilfeplanung dienen.
Zum Weiterlesen ab Seite 104: Welche methodischen und inhaltlichen Impulse kann die Wissenschaft aus diesem Modellprojekt ziehen?
„Wir sind eine fachliche Mixtur, ein Kollektiv“. (S. 94, Zitat einer Fachkraft im Rahmen eines Interviews)
Die Ergebnisse des Berichts zeigen: Eine jugendgerechte Innenstadt ist nicht nur konfliktärmer, sondern auch lebendiger und integrativer.
Mobile Jugendarbeit in der Innenstadt erfordert flexible, vernetzte und datenbasierte Ansätze.
Effektive Netzwerke und abgestimmte Maßnahmen reduzieren Konflikte und schaffen eine nachhaltige Stadtentwicklung.
Sie wollen mehr über die Mobile Jugendarbeit in der Innenstadt erfahren und ausgewählte Projekte kennenlernen? Hier können Sie sich informieren.
Sie haben Fragen und wollen Kontakt mit dem Team oder der wissenschaftlichen Begleitung aufnehmen? Melden Sie sich gerne beim Team unter 0711 414 60 770, bei Simon Fregin (Teamleitung) unter simon.fregin@mja-innenstadt.de oder kommen Sie in den Büroräumen (Hirschstraße 26, 70173 Stuttgart) vorbei. Gerne sind Sie auch bei einer der zahlreichen Aktionen im öffentlichen Raum willkommen! Infos zu aktuellen Projekten gibt es immer auf Instagram - es lohnt sich zu folgen.
Die Mobile Jugendarbeit Innenstadt ist in Trägerschaft vom Caritasverband für Stuttgart e.V. und der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e.V.
Danksagung:
Herzlichster Dank gebührt den Autor*innen des Abschlussberichts Thomas Meyer und Julia Lepthin.