Gemeinsam! Eine Porträtserie über Menschen aus Aachen, die sich für andere einsetzen

Susanne Aumann

Der Staat – das sind wir alle. Ein funktionierendes Gemeinwesen garantiert uns einen gut organisierten, verlässlichen und sicheren Lebensalltag. Und doch hat kaum ein Mensch in der Praxis gerne mit dem Staat zu tun. Ob Wartezeit im Bürgerbüro, Steuererklärung, Elternsprechtag, Bauantrag oder das Knöllchen für Falschparken („Aber ich war doch nur fünf Minuten …“) – der Öffentliche Dienst hat nicht viele Fans. Susanne Aumann will das ändern.

„Wir brauchen ein gewisses Maß an Bürokratie für Gerechtigkeit“, sagt die 34-Jährige, die man getrost als Anwältin des Öffentlichen Dienstes bezeichnen kann. Der Grundgedanke ist einfach: Nur wenn die bestehenden Gesetze und Verordnungen für alle gleich umgesetzt werden, gibt es eine faire und gerechte Lastenverteilung. Der Schlüssel dazu sind die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Sie sorgen dafür, dass der Laden läuft. Seit 2021 leitet Susanne Aumann den Landesverband dbb jugend nrw, die Jugendorganisation des Deutschen Beamtenbundes (DBB) NRW. Sie steht damit an der Spitze von 20.000 jungen Menschen, die im Öffentlichen Dienst arbeiten, in Kommunalverwaltungen, Nahverkehrsunternehmen und Schulen, bei Polizei, Feuerwehr und Müllabfuhr. Die Gewerkschafterin macht sich stark dafür, dass die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst nicht nur gute Arbeitsbedingungen vorfinden, sondern dass ihr Dienst für die Öffentlichkeit auch Wertschätzung und Anerkennung erfährt.

„Der Öffentliche Dienst steht vor großen Herausforderungen“, betont Susanne Aumann, und nur mit gut ausgebildeten, motivierten und engagierten Mitarbeitenden seien diese Herausforderungen zu bewältigen. Das Problem beginnt schon bei der Personalstärke: „Mit Erreichen der Altersgrenze verlassen derzeit viele Kolleginnen und Kollegen den Dienst, und wir finden nicht genug junge Leute, die neu einsteigen.“ Sie macht sich dafür stark, die Ausbildungsprogramme auszubauen und verstärkt Imagewerbung für den Dienst an der Öffentlichkeit zu betreiben.

Leistungsstark und anpassungsfähig

„Wir müssen Verwaltung neu denken“, sagt Susanne Aumann. Gerade im Zuge der Digitalisierung stehe die öffentliche Hand vor der Herausforderung, agile Arbeitsmodelle einzuführen, die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken und eine intensive Personalentwicklung zu betreiben - in einem Unternehmen würde man von Change-Management-Prozessen reden. Dies stelle vor allem die Führungskräfte vor große Herausforderungen, schließlich müsse man all diese Veränderungen mit einer Belegschaft umsetzen, die schon jetzt unter Arbeitsüberlastung leide. Die Coronapandemie habe aber gezeigt, dass der Öffentliche Dienst auch in krisenhaften Umbruchsituationen leistungsstark und vor allem anpassungsfähig sei.

Ein Thema liegt Susanne Aumann besonders am Herzen: die Sicherheit der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Sie unterstützt die Arbeit des Netzwerks „Sicher im Dienst“, in dem sich Menschen zusammenfinden, um behördenübergreifend Ideen und Erfahrungen auszutauschen. „Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, müssen besonders geschützt werden“, sagt sie. Dies gelte nicht nur für Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt, sondern auch für die Menschen, die im Sozialamt, in Kitas und Schulen oder im Nahverkehr arbeiteten. Zahlreiche Delikte – etwa Drohungen und Beleidigungen – würden nicht zur Anzeige gebracht, sagt die Gewerkschafterin, laut Umfragen gebe es eine große Dunkelziffer. „Die Politik trifft Entscheidungen, die die Verwaltung umsetzt. Es kann nicht sein, dass die Menschen in der Praxis dann zur Zielscheibe werden“, sagt sie.

Interesse an juristischen Themen

Susanne Aumann ist über eine Ausbildung in den Öffentlichen Dienst gekommen – und zwar über ein duales Studium, das eine umfassende Ausbildung bei der Aachener Stadtverwaltung mit einem Studium zur Diplom-Verwaltungswirtin verband. Neben dem Verwaltungsrecht enthielt das Studium auch Elemente aus Wirtschaft, Ethik und Psychologie. „Ich hatte schon als Jugendliche Interesse an juristischen Themen“, erzählt sie, der Gerechtigkeitsgedanke habe sie schon früh umgetrieben. Eine klassische Juralaufbahn und die Arbeit in einer Anwaltskanzlei seien aber nicht in Frage gekommen, vielmehr habe der Gedanke überwogen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.

„Schon während meiner Ausbildung bin ich auf Situationen gestoßen, die nicht in Ordnung waren“, erinnert sie sich. Fehlende Wertschätzung, schlechte Rahmenbedingungen – Susanne Aumann beschloss, für Verbesserungen zu kämpfen und sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung der Stadtverwaltung zu engagieren, das ist quasi der Personalrat der Auszubildenden. So sammelte sie wertvolle Erfahrungen, etwa als es darum ging, die Jahresversammlung zu organisieren und vor 100 Teilnehmenden zu sprechen. Damals habe sie zum ersten Mal das Gefühl gehabt, mit engagierter Arbeit eine Verbesserung erzielen zu können, sagt sie. Zudem habe sie so den Weg zur Gewerkschaftsarbeit gefunden. Mit 20 trat sie in die Jugendorganisation der komba ein, der Gewerkschaft der kommunalen Beamten. In den folgenden Jahren engagiert sie sich verstärkt auch auf Landes- und Bundesebene, von 2017 bis 2021 leitet sie schließlich die komba jugend von ganz Deutschland.

Ein wichtiger Baustein des gewerkschaftlichen Engagements ist das Ehrenamt. Der Einsatz für das Gemeinwohl müsse mehr Anerkennung erfahren, sagt Susanne Aumann. Als Beispiel nennt sie etwa, dass ehrenamtliches Engagement in Einstellungsverfahren stärker berücksichtigt werden müsse. Außerdem setzt sie sich dafür ein, dass innerhalb der Verwaltung Freistellungen für diese gemeinwohlorientierte Arbeit gewährt werden. „Mit unserem Engagement können wir etwas bewirken, etwas bewegen.“ So habe die dbb jugend nrw ein Positionspapier vorgestellt, das nach hartnäckiger Arbeit im NRW-Landtag besprochen worden sei – „das war ein Wow-Moment“, sagt sie rückblickend. So leiste das Ehrenamt auch einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen Politikverdrossenheit und stärke das Demokratieverständnis. Denn der Staat, das sind wir alle.