Gemeinsam! Eine Porträtserie über Menschen aus Aachen, die sich für andere einsetzen
Lothar Stresius
Als Napoleon während der französischen Besatzung des Rheinlands im Jahr 1802 die Säkularisation aller Klöster im Departement Roer veranlasste, fand eine fast 1000 Jahre währende Geschichte ihr vorläufiges Ende. Die Reichsabtei der Benediktiner, im Herzen des Ortes Kornelimünster gelegen, wurde aufgelöst. „Die Abtei war nicht nur das geistige Zentrum des Münsterländchens, sondern auch das weltliche“, sagt Lothar Stresius. Der promovierte Theologe will die Erinnerung an dieses Erbe auch für zukünftige Generationen bewahren.
Seit 1972 ist Kornelimünster ein Stadtteil Aachens. Die Gründung des Orts geht auf das Jahr 816 zurück. Zwei Jahre nach dem Tod Karls des Großen gründete dessen Sohn Ludwig der Fromme die Abtei, dessen Aufbau und Leitung er dem Mönch Benedikt von Aniane anvertraute. Das Kloster „Monasterium Sancti Salvatoris ad Indam“ war eine nur dem Kaiser und dem Papst unterstehende Reichsabtei mit sehr großem Reichtum an Ländereien – und diese erwiesen sich als äußerst werthaltig.
Zum einen waren da die Mineralien im Boden. Schon in der Römerzeit wurden am Breiniger Berg Galmeierze abgebaut. Diese waren einer der wichtigsten Rohstoffe in der Messingherstellung – die Nachbarstadt Stolberg kam durch die Produktion des goldglänzenden Metalls zu Weltruf. Zum anderen gab es im Münsterländchen reiche Vorkommen eines harten Kalksteins, des sogenannten Blausteins aus dem Erdzeitalter des Devon. Aus diesem hellen Stein wurden viele Häuser und Kirchen in den Orten des Münsterländchens gebaut, was jenen ihr charakteristisches Aussehen gibt. Bis Anfang der 1870er-Jahre beschränkte sich die Nutzung dieser Natursteine weitgehend auf das Brechen und Behauen. Später wurde der Kalkstein in großen Öfen, die noch heute an vielen Stellen im Münsterländchen zu sehen sind, zu Kalk verarbeitet, der in der Bauindustrie und in der Landwirtschaft Verwendung fand.
Auf den Spuren der Geschichte
„Im ganzen Münsterländchen findet man Spuren dieser Wirtschaftsgeschichte“, sagt Lothar Stresius. Neben den Kalköfen sind das etwa die ehemaligen Steinbrüche – der größte liegt direkt am Walheimer Bahnhof und beheimatet heute unter anderem ein Freizeitgelände –, der gallo-römische Tempelbezirk Varnenum sowie alte Straßen- und Gemarkungsnamen. Das bedeutendste Zeugnis dieser Zeit ist aber natürlich die alte Abteikirche selbst, die seit der Säkularisation von der Ortsgemeinde genutzt wird. Sie gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke rheinischer Baukunst. Als Propsteikirche ist St. Kornelius dem heiligen Kornelius gewidmet, der 251 bis 253 Papst war. In der Kirche werden Reliquien aufbewahrt, die während der alle sieben Jahre stattfindenden Heiligtumsfahrt den Gläubigen gezeigt werden.
„Wir benötigen solche Events, um eine breite Öffentlichkeit auf das Erbe Kornelimünsters aufmerksam zu machen“, sagt Lothar Stresius. Während der Heiligtumsfahrt bietet er Führungen durch die alte Abteikirche an, er steht dem Korneliusverein vor, zudem hat er mehrere Bücher über das Gotteshaus und die Geschichte der Reichsabtei geschrieben. Sein Anliegen ist es, gemeinsam mit vielen Mitstreitern das Wissen um die besondere Historie zu bewahren und eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen – so wie er es auch in den über 30 Jahren getan hat, in denen er als Lehrer und Schulleiter viele junge Menschen begeisterte.
Text und Foto: Arnd Gottschalk